„Finding Your Feet“, UK, 2017
Regie: Richard Loncraine; Drehbuch: Nick Moorcroft, Meg Leonard; Musik: Michael J McEvoy
Darsteller: Imelda Staunton, Timothy Spall, Celia Imrie, Joanna Lumley, David Hayman
Es hätte ein so schöner Tag für Sandra Abbott (Imelda Staunton) werden sollen, schließlich wurde ihr Mann Mike (John Sessions) gerade für seine jahrzehntelange Arbeit als Politiker gewürdigt. Unwürdig ist jedoch, als sie dabei herausfindet, dass er sie schon seit einigen Jahren betrügt. Aus Mangel an Alternativen wendet sich Sandra daraufhin an ihre Schwester Bif (Celia Imrie), zu der sie seit geraumer Zeit keinen wirklichen Kontakt mehr hat. Die nimmt sie auch tatsächlich bei sich auf und überredet sie, gemeinsam zum Tanzkurs zu gehen, wo sie Bifs Freunde Charlie (Timothy Spall), Jackie (Joanna Lumley) und Ted (David Hayman) kennenlernt. Tatsächlich tut ihr die Beschäftigung gut, um über ihren Mann hinwegzukommen. Aber es wartet schon das nächste Chaos auf sie …
Die Menschen werden immer älter. Für die Sozialsysteme ist das eine weniger erfreuliche Entwicklung, dafür hat die Wirtschaft eine neue, mitunter zahlungskräftige Zielgruppe für sich entdeckt. Das chronisch jugendsüchtige Hollywood hat hiervon bislang zwar nur wenig mitbekommen. Dafür hat sich Großbritannien als verlässlicher Lieferant bittersüßer Geschichten für ein älteres Publikum etabliert – siehe The Best Exotic Marigold Hotel oder auch Quartett und Le Weekend. Wenig überraschend ist es dann erneut die Insel, die mit Tanz ins Leben um die Herzen der Zuschauer wirbt. Überraschungen sollte hier aber ohnehin niemand wirklich erwarten. Zumindest keine positiven.
So unterschiedlich, dass es witzig ist
Mit einer ausgesprochen negativen fängt hier natürlich alles an: Der Mann, mit dem du Jahrzehnte verbracht hast, für den du alles gegeben hast, betrügt dich. Seit Jahren. Mit deiner Freundin. Das ist ausgesprochen bitter, wird hier aber durch die überzogenen, nicht unbedingt seriösen Figuren gleich ins Komische gedreht. Ohnehin ist es zunächst der Humor, der hier im Mittelpunkt steht. Die stocksteife, versnobte Sandra muss in einem heruntergekommenen Gebäude hausen und sich mit ihrer Schwester abgeben, die keine gesellschaftlichen Ambitionen hat. Aber eben auch keine Hemmungen. Auf der Straße zu tanzen ist für sie ebenso wenig ein Problem wie One-Night-Stands mit älteren Herren.
Aus diesem Kontrast kitzelt Regisseur Richard Loncraine dann auch jede Menge Komik heraus, die sowohl von dem typisch britischen Humor wie auch den fabelhaften Darstellern lebt. Imelda Staunton (Maleficent – Die dunkle Fee) und Celia Imrie als ungleiche Schwestern, das ist eine so starke Paarung, dass die namhaften Kollegen daneben erst einmal verblassen. Nicht dass es Tanz ins Leben nicht versuchen würde, zumindest die Herren in der Runde als ernstzunehmende Figuren zu etablieren. Ihnen fehlt jedoch der Schwung dafür, die pure Freude am Spielen.
Aus Spaß wird Ernst
Ganz fair ist dieser Vergleich natürlich nicht, da das Drehbuch ihnen vor allem tragische Geschichten auf den Leib schreiben wollte. Und anders als die bittere Erfahrung von Sandra verzichtet der Film hier darauf, das Ganze durch komische Einlagen wieder auffangen zu wollen. Aber das ist ohnehin die größte Schwäche von Tanz ins Leben: Für einen Film, der so viel Wert darauf legt, eine Balance im Leben zu finden, ist die eigene Balance erschreckend schwach. Komik und Drama finden hier nie so recht zusammen, die geballte und übertriebene Tragik wirkt wie ein Fremdkörper – im Film wie auch in der Glaubwürdigkeit.
Der eine oder andere könnte auch enttäuscht sein, wie unwichtig das Thema Tanzen im Film letztendlich ist, gerade auch angesichts des nicht ganz glücklichen deutschen Titels. Es gibt einige wenige bewegende Momente. Ansonsten ist das jedoch nicht mehr als ein Vorwand, um die Figuren zusammenzuführen und später einige schöne Kulissen zu zeigen. Schön ist Tanz ins Leben dann auch, eine Wohlfühltragikomödie mit romantischen Elementen, die uns die immer sympathische Nachricht mitgibt: Man ist nie zu alt, um sich selbst und sein Glück zu finden. Das Leben ist das, was du draus machst. Und solche Aufmunterungen hört man dann doch immer gern, egal ob nun im jungen oder fortgeschrittenen Alter.
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