The Kissing Booth
© Netflix

The Kissing Booth

„The Kissing Booth“, USA, 2018
Regie: Vince Marcello; Drehbuch: Vince Marcello; Vorlage: Beth Reekles; Musik: Patrick Kirst
DarstellerJoey King, Joel Courtney, Jacob Elordi

The Kissing Booth
„The Kissing Booth“ ist seit 11. Mai 2018 auf Netflix verfügbar

Seit ihrer Kindheit schon sind Elle (Joey King) und Lee (Joel Courtney) engste Freunde, sind gemeinsam durch dick und dünn gegangen. Sie verbringen jede freie Minute zusammen, sind eigentlich mehr Geschwister als nur Freunde. Nur dass Lee noch einen wirklichen Bruder hat: Noah (Jacob Elordi). Der ist ein paar Jahre älter und der Schwarm jeden Mädchens an der Schule – was er auch auszunutzen weiß. Was er nicht weiß ist, dass auch Elle schon seit Längerem Gefühle für ihn hat. Zugeben würde sie diese aber natürlich nicht. Zum einen weil ihr jegliche Erfahrungen fehlen, sie mit 16 Jahren noch immer niemanden geküsst hat. Vor allem aber haben sie und Lee damals eine Liste mit Regeln aufgestellt. Und eine davon besagt, dass keiner von ihnen etwas mit den Geschwistern des anderen anfangen darf.

Angriff ist die beste Verteidigung, heißt es. Noch bevor jemand sagen kann – wie, schon wieder eine neue High-School-Liebeskomödie? –, da hat einen diese hier schon über den Haufen gerannt. Mehrfach. Sollen sich andere doch Zeit nehmen, um ihre Figuren und die Situation langsam vorzustellen. Regisseur und Drehbuchautor Vince Marcello hat es da etwas eiliger und beginnt The Kissing Booth mit einem Dauerfeuer aus Szenen und Erzählungen, die uns die Vorgeschichte von Elle und Lee zusammenfassen sollen und einen etwas schwindlig zurücklässt.

Träume von der Stange
Doch das betrifft nur den Einstieg, im Anschluss nimmt Marcello das hohe Tempo wieder raus. Man könnte der Netflix-Produktion sogar vorwerfen, dass sie sich ein bisschen viel Zeit lässt, um eine Geschichte zu erzählen, vor der ohnehin jeder weiß, wie sie verläuft. Wer einen Film voller Überraschungen und Wendungen möchte, der ist in diesem Segment ja traditionell eher an der falschen Adresse. The Kissing Booth ist da keine Ausnahme. Der Film weiß, welche Zielgruppe er bedienen möchte, welche Wünsche diese umtreibt und gibt ihr dann genau das, wonach es sie sehnt. Eine unerfahrene, bislang wenig beachtete Jugendliche und der selbst von den Cheerleadern begehrte Six-Pack-Sportler? Ja, davon darf man schon mal träumen.

Auch sonst kümmert sich The Kissing Booth weniger um lästige Begleiterscheinungen wie Realität und Glaubwürdigkeit. Der nicht enden wollende Swimmingpool direkt unter dem Fenster? Doch das gehört so, Geld spielt bei den beiden Familien keine Rolle. Schlechtes Wetter oder Schulprobleme sind in der bonbonfarbenen Traumwelt ebenfalls kein Thema, lenkt nur von den wirklich wichtigen Fragen des Lebens ab. Wird Elle an ihren Schwarm Noah herankommen? Kann das gutgehen, der Supersportler und die graue Maus? Und wie wird Lee damit umgehen?

Das charmante Leben hinter dem Klischee
Hört sich langweilig an, berechnend auch. Und doch macht The Kissing Booth deutlich mehr Spaß, als es die auf dem gleichnamigen Roman von Beth Reekles basierende Geschichte vermuten ließe. Sonderlich viel Mühe hat man sich hier sicherlich nicht bei den Figuren gegeben, die doch recht vielen Klischees entsprechen. Einzig die seltsamen, irgendwie nie so richtig geklärten Gewaltausbrüche von Noah passen nicht in das übliche Bild der Pin-up-Werbeeinblendung. Aber dieser Störfaktor wird schnell fallengelassen, scheint nicht einmal Elle so richtig zu stören – auch wenn seine Aggression sie in manche schwierige Lage bringt. Selbst die kaputte Beziehung der beiden Brüder ist dem Film kaum ein Wort wert, von den Erwachsenen ganz zu schweigen.

Es sind die beiden Hauptdarsteller, die den Film aus den unteren Rängen der High-School-Romanze-Hierarchie aufsteigen lassen. Joey King (Wish Upon) gelingt sehr schön die Balance zwischen Unsicherheit und herrischem Auftreten, ihr Kompagnon Joel Courtney ist als leicht nerdiger kleiner Bruder des inoffiziellen Schulkönigs ebenfalls ein Höhepunkt von The Kissing Booth. Wenig überraschend sind es dann auch die gemeinsamen Momente der beiden, die den Film auszeichnen und die eigentlich recht langweilige Geschichte doch noch mit Leben füllen. Zudem darf hier tatsächlich auch gelacht werden, an dafür vorgesehenen Stellen sogar – die Schulkomödie ist ausnahmsweise mal eine, die den Titel verdient. Das reicht dann insgesamt zwar nicht, um sich wirklich aus dem Mittelfeld herauszubewegen. The Kissing Booth ist aber charmanter und unterhaltsamer als viele Kollegen, aufgrund der leicht feministischen Tendenzen – Elle muss lernen, sich sowohl gegen Lee wie auch gegen Noah durchzusetzen – zudem sympathischer als die reine Prinzessinenvariante, die einem oft vorgesetzt wird.



(Anzeige)

Zwei Kindheitsfreunde sind unzertrennbar, gehen durch dick und dünn – bis sie sich in seinen älteren Bruder verliebt. Nein, Überraschungen sind eher weniger das Ding von „The Kissing Booth“, die Geschichte scheut sich davor zurück, das Zielpublikum mit Wendungen verwirren zu wollen. Die High-School-Liebeskomödie ist aber dank der beiden Hauptdarsteller unterhaltsamer und charmanter als viele Kollegen und sammelt auch in anderer Hinsicht ein paar Sympathiepunkte.
6
von 10