Alles nur eine Frage des Geschmacks
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Alles nur eine Frage des Geschmacks

„Les goûts et les couleurs“, Frankreich, 2018
Regie: Myriam Aziza; Drehbuch: Myriam Aziza, Denyse Rodriguez-Tomé; Musik: Martin Rappeneau
Darsteller: Sarah Stern, Jean-Christophe Folly, Julia Piaton

Alles nur eine Frage des Geschmacks
„Alles nur eine Frage des Geschmacks“ ist seit 24. Juni 2018 auf Netflix verfügbar

Es könnte alles so einfach sein: Seit drei Jahren ist Simone (Sarah Stern) inzwischen schon mit Claire liiert (Julia Piaton), glücklicher könnten sie kaum sein. Wäre da nur nicht Simones jüdische und ultrakonservative Familie. Die hat bis heute nicht akzeptiert, dass Simones Bruder schwul ist, wie könnte sie sich da outen? Und so wissen die anderen bis heute nichts von ihrem Glück, versuchen im Gegenteil für sie einen schönen jüdischen Mann aus gutem Haus für sie zu finden – egal wie. Als wäre das alles nicht schon kompliziert genug, passiert auch noch das: Gerade als Simone den Entschluss gefasst hat, ihrer Familie von Claire zu erzählen, lernt sie den charmanten Wali (Jean-Christophe Folly). Der ist nicht nur schwarz und Muslim, er ist vor allem ein Mann. Gefühle für ihn, das ist völlig ausgeschlossen. Aber was wenn nicht?

Inzwischen vergeht ja kaum mehr eine Woche, in der Netflix nicht Nachschub für das offensichtlich beachtlich liebeshungrige Publikum bereitzustellen. Immerhin, so berechnend diese Dauerbeschallung ist, innerhalb des Themas ist die Bandbreite beachtlich. Neben den vielen Schablonenromanzen kommen doch auch immer wieder originellere Vertreter hinzu. Diese Woche sind es gleich zwei: Während der chinesische Hit Us and Them anhand von diversen Neujahrsrückblicken auf das auf und ab einer Beziehung zurückblickt, fasst Alles nur eine Frage des Geschmacks fast schon absurd viele heiße Themen an.

Von allem ein bisschen
Eine jüdische Lesbe hadert mit ihrem Coming-out und verliebt sich dann auch schon in einen schwarzen Muslim, das ist keine ganz alttägliche Situation. Myriam Aziza, die hier Regie führte und am Drehbuch mitschrieb, nutzt das auch aus, um genüsslich mit Kontrasten und Klischees zu spielen. Das ist nicht alles immer ganz politisch korrekt, gerade die Familien der beiden wollen gar nicht mehr als Karikaturen sein. Religiöse Vorbehalte, ein bisschen Rassismus, dazu natürlich auch Seitenhiebe auf Homosexualität – bei Alles nur eine Frage des Geschmacks fällt der Geschmack gern mal etwas derber aus.

Ein zweites Monsieur Claude und seine Töchter sollte man hier dennoch besser nicht erwarten. Auch wenn Aziza redlich darum bemüht ist, das mit den Gags gelingt ihr nicht so recht. Wo die Kollegen durch Sticheln und Stechen immer wieder ein Lachen herauskitzeln, weiß dieser französische Versuch nicht so recht etwas mit seinen Waffen anzufangen. Die hysterischen Ausfälle von Simones Eltern beispielsweise schwanken zwischen langweilig und nervtötend, die ohnehin seltenen Versuche auf etwas Culture Clash – was darf man als Jude essen? – helfen auch nicht so recht weiter.

Eine Liebesgeschichte ohne viel Liebe
Es ist noch nicht einmal so, dass Alles nur eine Frage des Geschmacks, international auch To Each Her Own bekannt, allzu sehr auf Romantik bauen würde. Meistens spielen solche Filme mit einem Paar, das für alle offensichtlich füreinander bestimmt ist. Bei denen es so stark kribbelt, dass man sich insgeheim fragt, warum das überhaupt so lange dauert. Hier ist das nicht so wirklich der Fall. Wenn Simone aufgrund von Wali an sich zweifelt, dann weniger weil für das Publikum klar ersichtlich sehr viel Chemie im Gange wäre. Ist es der Druck von außen, mit einem Mann zusammen zu sein? Sucht sie ein bisschen Spaß in einem doch sehr komplizierten Leben? Ist sie nun lesbisch, hetero oder doch bi?

Richtig viel setzt sich Alles nur eine Frage des Geschmacks mit dem Thema sexuelle Gesinnung oder auch Identität nicht auseinander. So weit reichen die Ambitionen dann doch nicht. Es ist noch nicht einmal so, dass sich der Film vergleichbar selbstironisch wie Coming In mit der LGBT-Szene auseinandersetzen würde oder ein entsprechend warmherziges Plädoyer zu bieten hätte. Angesichts der vielen Reibeflächen ist das alles erstaunlich harmlos und brav. Es fehlt auch der Charme, der die kurz zuvor gestartete Gay-Teenieromanze Alex Strangelove aus dem eigenen Streaminghaus auszeichnete. Dafür ist die Geschichte um eine emotionale verwirrte Lesbe bis zum Schluss erstaunlich ambivalent – was man sich in diesem Bereich ja auch erst einmal trauen muss.



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Wenn sich in „Alles nur eine Frage des Geschmacks“ eine jüdische Lesbe in einen schwarzen Muslim verliebt, dann ist das ein zumindest kurioses Szenario. Die Liebeskomödie arbeitet dann auch genüsslich mit Kontrasten, Klischees und Karikaturen, schafft es aber nicht so recht, daraus auch wirklich komische Situationen zu schaffen. Und auch die Romanze bleibt eher enttäuschend, sodass der erhoffte Hit hier ausbleibt.
5
von 10