„Gerald’s Game“, USA, 2017
Regie: Mike Flanagan; Drehbuch: Mike Flanagan, Jeff Howard; Vorlage: Stephen King; Musik: The Newton Brothers
Darsteller: Carla Gugino, Bruce Greenwood
Seit Jahren schon sind Jessie (Carla Gugino) und Gerald (Bruce Greenwood) verheiratet, waren im Laufe der langen Zeit sicher auch einmal glücklich miteinander gewesen. Doch das war einmal. Ihnen ist der Schwung abhandengekommen, die Leidenschaft, ihre Beziehung vegetiert lustlos vor sich her. Ein gemeinsames Wochenende in einem abgelegenen Haus am See soll den beiden helfen, wieder zueinanderzufinden und sich neu zu entdecken. Für Jessie beginnt diese Entdeckung jedoch mit einem ziemlichen Schock: Gerald fesselt sie im Rahmen eines Spiels ans Bett. Und das ist nur der Anfang eines Wochenendes, das viele unangenehme Überraschungen und Erkenntnisse für sie bereithält.
Nach dem monströsen Erfolg von Es letztes Jahr gibt es derzeit einen Wettlauf, wer als schnellster weitere Werke von Horroraltmeister Stephen King adaptiert und so die Gunst des Publikums und derer Geldbeutel erhält. Streaming-Anbieter Netflix hatte den Mitbewerbern aber einiges voraus und ließ zeitgleich zu dem Superhit selbst zwei Werke Kings adaptieren. Das Spiel war dabei besonders fix: Nicht einmal drei Wochen nach dem berühmten Kollegen feierte der Film auf dem Fantastic Fest in Austin, Texas Premiere und wurde anschließend online veröffentlicht.
Wenn das Innere nach außen gekehrt wird
Die Erwartungen an das Werk waren nicht nur aufgrund von Es hoch. Inszeniert wurde es darüber hinaus von Mike Flanagan, der mit Filmen wie Oculus oder Before I Wake die Herzen von Horrorfans erweichte (und erschreckte). Wenn er sich nun einer Geschichte des Königs des Horros annimmt, dann darf man schon auf ein bisschen mehr hoffen. Gleichzeitig durfte man aber auch skeptisch sein. Schließlich besteht das zugrundeliegende Buch aus dem Jahr 1992 vorrangig aus inneren Monologen in Dialogform. Die Leser waren nicht Teil des Geschehens, sondern in dem Kopf von Jessie gefangen, was sich nicht unbedingt für einen Film anbietet.
Flanagan hat diese Einschränkungen aber bemerkenswert gut überwunden, indem er sich eines kleinen Kniffs behalf. Welcher das ist, soll nicht verraten werden, so wie man im Vorfeld allgemein besser so gut wie nichts über den Film weiß. Horror ist Das Spiel jedoch in mehrfacher Hinsicht. Einer ist etwas fantastischer Natur, ein klassischer King. Ein anderer befasst sich mit der ungünstigen Lage von Jessie, bedingt durch die Fesselspiele. Aber da ist noch etwas anderes. Etwas, das sehr viel persönlicher ist und die Adaption immer wieder in Richtung Drama wandern lässt.
Abwechslung hoch, in mehrfacher Hinsicht
Das Zusammenspiel dieser verschiedenen Elemente funktioniert sehr gut. Als wäre es nicht genug, dass einen Das Spiel auf die Folter spannt, ob Jessie aus der Sache heil wieder heraus kommt, die Geschichte entwickelt sich kontinuierlich in andere Richtungen weiter als erwartet. Und das alles, obwohl der Film streng genommen das Schlafzimmer nie verlässt. Ein derart begrenzter Schauplatz, das kann schnell langweilig werden. Aber gerade, weil hier vieles miteinander vermischt wird, auch Realität und Einbildung irgendwann nicht mehr voneinander zu trennen sind, bleibt die Abwechslung auf einem hohen Niveau. Ebenso die Atmosphäre, von traurig über schwarzhumorig bis zu nervenaufreibend und rätselhaft ist alles dabei.
Während Das Spiel so über weite Strecken einer der interessantesten und unterhaltsamsten Genrebeiträge der letzten Zeit ist, baut der Film leider zum Schluss merklich ab. Das ist teilweise durch Kings Vorlage schon vorgegeben, der sich ja oft etwas schwer damit tat, Geschichten abzuschließen. Teilweise ist es aber auch hausgemacht, wenn Flanagan das Ende unnötig hinausdehnt und auch expliziter macht als nötig. Spaß macht das Werk, welches im Ranking der King-Filme weiter oben angesiedelt ist, aber auf jeden Fall. Vor allem Carla Gugino ist fabelhaft in der Rolle als Ehefrau, die sich plötzlich mit vielem auseinandersetzen muss, von dem sie lieber nichts gewusst hätte, und dabei eine große Bandbreite demonstriert.
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