Die Farbe des Horizonts
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Die Farbe des Horizonts

„Adrift“, USA, 2018
Regie: Baltasar Kormákur; Drehbuch: David Branson Smith, Aaron Kandell, Jordan Kandell; Musik: Volker Bertelmann; Kamera: Robert Richardson
Darsteller: Shailene Woodley, Sam Claflin

Die Farbe des Horizonts
„Die Farbe des Horizonts“ läuft ab 12. Juli 2018 im Kino

Weg von zu Hause, von ihrer Familie und ihrer Vergangenheit, alles einmal hinter sich lassen: Als Tami Oldham (Shailene Woodley) nach Tahiti reist, dann um ein neues Leben zu entdecken und zu sich selbst zu finden. Vor allem aber findet sie dabei Richard Sharp (Sam Claflin). Es funkt sofort zwischen den beiden Aussteigern mit der großen Vorliebe für das Meer. Und so braucht es dann auch nicht viel Überzeugungsarbeit, als ihnen angeboten wird, mit einer schicken Yacht quer über den Pazifischen Ozean zu segeln. Doch dann geraten die beiden in ein Unwetter, welches das Boot schwer beschädigt und auch Richard übel zusetzt. Nun liegt es an Tami, einen Weg über den Ozean zu finden und den zahlreichen Gefahren zu trotzen.

Mit harschen Wettersituationen und damit verbundenen tragischen Schicksalen kennt sich Baltasar Kormákur ja aus, zumindest als Regisseur. Bekannt wurde der isländische Filmemacher einem größeren Publikum durch sein Survivaldrama Everest. Eher ein Geheimtipp ist hingegen seine spannende Krimiserie Trapped, in der in einem eingeschneiten Ort ein grausiger Mord die Leute in Atem hält. In Die Farbe des Horizonts wechselt er die Temperaturlage, gönnt seinen Protagonisten eine idyllische Szenerie und viel Sonnenschein. Bis das Unglück geschieht zumindest.

Das Unglück einer großen Liebe
Aber auch anderweitig hält er sein auf einer wahren Geschichte basierendes Abenteuer freundlicher. Während das Schiffsunglück und der anschließende Überlebenskampf die Haupthandlung von Die Farbe des Horizonts ausmachen, so ist das doch nur die eine Hälfte des Films. Die andere erzählt von den glücklichen Momenten von Tami und Sharp. Davon, wie sie sich kennengelernt haben, wie sie sich näherkamen. Wie sie große Träume miteinander teilten, Einblicke in ihre Vergangenheit geben, aber auch schon Pläne für die Zukunft schmieden.

Letzteres geht hier ein bisschen schnell: Als wären die zwei noch Teenager vergehen in dem Film zwischen der ersten Begrüßung und dem Heiratsantrag gefühlt lediglich ein paar Minuten. Anhänger romantischer Geschichten wird das freuen, zumindest solcher Geschichten, in denen Träume höher im Kurs stehen als Natürlichkeit. Auch vor Kitsch schreckt Kormákur nicht zurück, sei es mit den Postkartenmotiven, vor denen sich die zwei tummeln, oder den schwülstigen Dialogen, die ihm das Drehbuchtrio Aaron Kandell, Jordan Kandell und David Branson Smith vermacht hat.

Zwei Zielgruppen zum Preis von einer
Eigenartig dabei ist aber nicht, dass hier ein typischer Hollywood-Schmachtfetzen gedreht wurde, sondern wie dieser mit besagten Survival-Elementen zusammenfindet. So als wollte Kormákur scharenweise Paare in die Kinos locken: Während die Frauen angesichts des überaus attraktiven und zusammen auch tatsächlich charismatischen Pärchens beherzt seufzen dürfen, sollen die Männer durch den Kampf gegen Wind, Wetter und Wellen bei Laune gehalten werden. Ein solcher Verschnitt zweier völlig verschiedener Zielgruppen mag man gewitzt oder dreist finden, interessant ist der Versuch allemal, einen Kompromiss aus Herz und Spannung zu finden.

Richtig geglückt ist Die Farbe des Horizonts dabei nicht. Gerade der Survival-Aspekt wurde doch stark begrenzt, vielleicht um die Romantikfans nicht zu vergraulen. Nur selten mutet der Film dem Publikum wirklich etwas zu, spricht lieber von Gefahren, als diese auch zu zeigen. Enttäuschend ist zudem mal wieder, dass wie schon bei Everest viel zu oft auf eine dramatische Streichermusik zurückgegriffen wird. Die ist so aufdringlich, dass jegliches Gefühl dafür, wirklich auf hoher See zu sein, schon auf den ersten Metern absäuft. Wellen, Gischt, Wind, davon ist bei diesem Meerabenteuer nur wenig zu hören. Wer das tun oder auch spüren möchte, wie jemand auf den Weiten des Ozeans gegen die Natur antritt, der ist bei den deutlich physischer ausgelegten Konkurrenzstreifen All Is Lost oder dem kommenden Styx doch deutlich besser aufgehoben.



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„Die Farbe des Horizonts“ erzählt die Geschichte einer großen Liebe, kombiniert mit einem ebenso großen Schiffsunglück auf hoher See. Der Versuch, ein Survival Abenteuer mit einer Romanze zu kreuzen, ist interessant, zumal das Paar auch ausgesprochen charismatisch ist. Allerdings kann das hier immer nur ein Kompromiss aus zwei Welten bleiben, der sich mit Konventionen wie der aufdringlichen Streichermusik selbst im Weg steht.
5
von 10