„Kishon“, Israel, 2017
Regie: Eliav Lilti
Unbekannt ist Ephraim Kishon nicht gerade. Zahlreiche Bücher hat der israelische Autor geschrieben, Theaterstücke, sogar Drehbücher für Filme. Millionenfach wanderten seine Satiren über die Ladentheke, in vielen Sprachen. Er gewann zwei Golden Globes, war für den Oscar nominiert. Aber wer war dieser Mann eigentlich, der mit bürgerlichem Namen Ferenc Hoffmann hieß? Wo kam er her? Was trieb ihn an? In seiner Dokumentation Kishon begibt sich Regisseur Eliav Lilti auf Spurensuche, versucht den Künstler wiederaufleben zu lassen, aber auch dem Menschen hinter dem Pseudonym und den humorvollen Zeichnungen gerecht zu werden.
Liltis Möglichkeiten sind zwangsweise begrenzt, seit über 13 Jahren ist Kishon schließlich schon tot. Also tut er, was Filmemacher in seiner Position meistens tun: Er befragt die noch lebenden Angehörigen, mischt diese Interviews mit historischen Aufnahmen, etwa von Reden bei Preisverleihungen. Der auffälligste Aspekt von Kishon ist dabei, wie der Dokumentarfilm ein altes Gespräch mithilfe von Animationssequenzen rekonstruiert, vergleichbar zu The Man Who Knew 75 Languages oder auch 1917 – Der wahre Oktober. Wovon wir keine Bilder haben, davon machen wir eben selbst welche.
Animierte Grenzüberschreitung
Ungewöhnlich ist das vor allem in den Szenen, wenn Lilti beides miteinander kombiniert: Die vermutlich schrecklichste ist die, wie Juden in einer langen Reihe abgeführt werden, mit erhobenen Armen, Kishon und sein Gesprächspartner etwas abseits hiervon entlanglaufen. Mit dem Holocaust begann das eigentliche Leben des gebürtigen Ungaren, bis zu seinem Tod im Alter von 80 Jahren sollte ihn dieser verfolgen.
Immer wieder versuchte der später seines Namens beraubte Künstler, diese Erfahrungen humoristisch aufzuarbeiten – etwa durch Mein Kamm, eine Satire über Glatzköpfe, angelehnt an Hitlers Mein Kampf. Ansonsten wurde er aber vor allem durch seine Beobachtungen des Alltags bekannt. Wenn er über das Leben schrieb, dann fanden sich darin nicht nur seine Landsleute in Israel wieder, auch das Ausland wurde auf ihn aufmerksam. Doch Kishon zog es vor, den Verlockungen des Geldes zu widerstehen, auch als ihm eine lukrative Serie in den USA in Aussicht gestellt wurde.
Der Mensch hinter den Witzen
Der 2018er Beitrag vom DOK.fest München und dem Jüdischen Filmfest Berlin-Brandenburg zeichnet diese Karriereschritte nach, von ersten Erfolgen bis zu Fehlschlägen. Gerade die animierten Gesprächssituationen geben Aufschluss darüber, was sich da alles abgespielt hat. Spannender jedoch sind die Anekdoten, welche die anderen zu teilen haben. Die Liebe zu seiner Familie, gleichzeitig die Unfähigkeit, mit der Krankheit seiner Frau umzugehen. Die Enttäuschung über mangelnde Anerkennung. Vor allem aber seine paranoiden Züge und seine Angstzustände, unter denen er zuletzt litt, stechen hervor, da sie doch in einem starken Kontrast zu seinen heiteren, furchtlosen Texten stehen.
Was dabei etwas kurz kommt, sind tatsächliche Beispiele von Kishons Arbeiten. Einige kleinere Zeichnungen sehen wir, Ausschnitte aus Theater und Film. Aber es ist nicht genug, um daraus ein wirkliches Bild ableiten zu können. Wer nicht ohnehin schon mit dem Schaffen des Israelis vertraut ist, wird im Anschluss höchstens eine Ahnung haben, warum er so berühmt wurde. Doch auch wenn die Doku an den Stellen noch etwas tiefer hätte gehen dürfen, entsteht doch aus diesen Schnipseln ein faszinierendes Porträt, gleich ob man nun Anhänger des Künstlers ist oder diesem hier zum ersten Mal begegnet.
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