„Manifesto“, Australien/Deutschland, 2015
Regie: Julian Rosefeldt; Drehbuch: Julian Rosefeldt; Musik: Ben Lukas Boysen, Nils Frahm
Darsteller: Cate Blanchett
Der gefeierte Visual Artist Julian Rosefeldt bringt mit Manifesto eine Collage aus 13 in sich abgeschlossenen Kurzfilmen, deren Inhalte unterschiedliche und zeitlose Manifeste einiger Kunstbewegungen des 20. Jahrhunderts umfassen, auf die große Leinwand. Die 13 ungleichen Hauptrollen werden von der zweifachen Oscar-Gewinnerin Cate Blanchett verkörpert. Von der Nachrichtensprecherin bis zum Obdachlosen, von Pop Art zu Dogma 95 fluktuiert die Schauspielerin sowohl in Gestalt als auch in kunsthistorischem Gedankengut. Manifesto lädt auf eine ungewöhnliche Reise ein, um die bedeutendsten Deklarationen der Kunstgeschichte kennenzulernen und um letztendlich zu Handlung und Veränderung aufzurufen.
Darstellerischer Hochgenuss
Wenn jemand die Aufgabe meistern kann, 13 unterschiedliche Rollen in ein und demselben Film zu spielen, dann ist es Cate Blanchett. Nach zwei Oscars und einer herausfordernden (und vermutlich inspirierenden) Performance im Bob Dylan-Biopic I’m Not There kehrt Blanchett unter Leitung des deutschen Künstlers Rosefeldt mit einer ähnlichen Mission zurück. Mit Manifesto wird der australischen Schauspielerin eine Bandbreite an Charakteren geboten, an denen sich sich einerseits frei austoben und zugleich ihr Können unter Beweis stellen kann. Die Figuren könnten dabei unterschiedlicher nicht sein. Darunter befinden sich ein bärtiger, lotteriger Obdachloser, eine kettenrauchende, russische Choreographin, eine rothaarige Nachrichtensprecherin, eine Puppenspielerin mit einer Marionette, die ihr Ebenbild ist. In der Abwechslung und der Interpretation der Hauptdarstellerin liegt der größte Unterhaltungsfaktor des Films. Dabei gelingt es dem Regisseur außerdem, die wiedergegebenen Verlautbarungen clever, teilweise ironisch mit dem ansprechenden visuellen Setting zu kombinieren.
Strukturelle wie stoffliche Bauchschmerzen
Die Manifeste, die von den Charakteren im Film vorgetragen werden, mögen manch einem Kunstliebhaber vertraut sein, obwohl keines während des jeweiligen Vortrags identifiziert wird. Darauf muss man bis zum Abspann warten. Zitiert werden unter anderem das Dadaistische Manifest, diverse Bewegungen wie die des Fluxus oder des Futurismus und später auch filmische Deklarationen wie Lars von Triers Dogma 95 oder Werner Herzogs Minnesota Declaration.
Leider stellt sich der Film durch den schieren Überfluss an inhaltlichem und visuellem Input selbst ein Bein. Jedes einzelne Manifest ist überladen mit dichter Bedeutung, Paradoxen, Metaphern, wilder Rage und Verachtung und utopischen Träumereien. Dabei widersprechen sie sich selbst und untereinander. Das sich anhäufende Resultat ist ein absoluter Überschuss. Die Konsequenz sind Überforderung und letztendlich wird der ständige Aufruf zur Rebellion zum monotonen Rauschen. In einer Ausstellung hätten die Kurzfilme wahrscheinlich besser als einzelne Installationen funktioniert. Über die Dauer eines Langfilms verlieren die Botschaften nach und nach an ihrer Wirkung.
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