Nicht ohne Eltern
© Concorde FIlmverleih

Nicht ohne Eltern

„Momo“, Frankreich, 2017
Regie: Sébastien Thiery, Vincent Lobelle; Drehbuch: Sébastien Thiery; Musik: Maxime Desprez, Michaël Tordjman
Darsteller: Christian Clavier, Catherine Frot, Sébastien Thiery, Pascale Arbillot

Nicht ohne Eltern
„Nicht ohne Eltern“ läuft ab 21. Juni 2018 im Kino

Also, das hat ihm ja gerade noch gefehlt. Einfach in Ruhe einkaufen, mehr wollte Alain Prioux (Christian Clavier) ja gar nicht. Da taucht doch so ein komischer Typ namens Patrick (Sébastien Thiéry) auf und besteht darauf, seine Schokocornflakes zu ihm in den Einkaufswagen zu legen, nur um dann abzuhauen. Mit dem Wagen und sämtlichen Einkäufen. Für Alains Frau Laurence (Catherine Frot) steht fest: Der Kerl ist bekloppt. Richtig verrückt wird es aber, als sie zu Hause ankommen und feststellen, dass es sich eben dieser Patrick bei ihnen gemütlich gemacht hat. Und dann faselt er noch was davon, dass er ihr Sohn sei! Das kann natürlich alles gar nicht sein. Aber was wenn doch?

In Deutschland dürften eher weniger Leute Sébastien Thiery kennen. Die ersten Nachrichten, die Google bei seinem Namen ausspuckt, betreffen dann auch mit Vorliebe seinen skandalträchtigen Auftritt, als er bei einer Preisverleihung nackt für mehr Anerkennung von Autoren protestierte. Für eben diesen Preis, die französische Theaterauszeichnung Molière, war Tiery selbst mehrfach nominiert. Zwei davon waren für Momo, das die Vorlage für den gleichnamigen Film bildet.

Ein komischer Mann, viele Fragen
Dass die Geschichte erst auf den Brettern, die die Welt bedeuten, erzählt wurde, erstaunt nicht wirklich. Es gibt nur wenige Schauplätze, die Zahl der Charaktere ist beschränkt. Auffallen wird das jedoch wohl kaum einen, schließlich ist man hier erst einmal damit beschäftigt, mit dem Ehepaar um die Wette zu rätseln. Wer ist dieser junge Mann? Woher kommt er? Warum hat er ein altes Bild der beiden? Und könnte es sich dabei tatsächlich um einen Sohn handeln, von dem sie nichts wissen?

Die Vorstellung ist natürlich absurd. Dass Frauen vereinzelt mal nicht merken, dass sie schwanger sind, das soll durchaus vorkommen. Eine Geburt jedoch, die lässt sich ja wohl kaum verschlafen. Die eine oder andere Theorie, dieses Mysterium aufzuklären, entwickelt das Paar zwar. Aber von denen ist eine bescheuerter als die andere. Das erste Drittel von Nicht ohne Eltern ist deshalb auch das stärkste: Die Selbstverständlichkeit mit der Thiery als tauber Möchtegernsohn auftritt, die ist mit so viel Nachdruck verbunden, als wäre es das Normalste auf der Welt, sich Wildfremden an den Hals zu werfen. Dass die Prioux schließlich an sich selbst zweifeln, vor lauter Verwirrung eine völlig irrsinnige Situation akzeptieren, das ist ebenso nachvollziehbar wie komisch.

Der Klamauk aufgekratzter Späteltern
Das ist natürlich ein Verdienst der Filmeltern, die schon in anderen Werken ihr komödiantisches Talent unter Beweis gestellt haben. Christian Clavier wird vielen allein schon für Monsieur Claude und seine Töchter ein Begriff sein, wo er ähnlich wie hier auf erheiternde Weise politisch völlig unkorrekt sein durfte. Dieses Mal wettert er zwar nicht gegen Ausländer, dafür sind es hier dann eben Behinderte. Catherine Frot war unter anderem in dem wunderbar schrulligen Madame Marguerite oder Die Kunst der schiefen Töne zu sehen (und zu hören). Sie bildet hier den Gegenpol als zwar bissige, aber letztendlich doch warmherzige und liebesbedürftige Ersatzmutter.

Leider baut Nicht ohne Eltern zum Ende hin ab. Nachdem Thiery und sein Co-Regisseur Vincent Lobelle aus dem Szenario wohl nichts mehr herausholen konnten, verlagert sich der Film stärker in Richtung Klamauk. Auch das kann zum Teil recht komisch sein, ist aber doch etwas bemüht grob, nicht annähernd so außergewöhnlich wie Ausgangssituation – vor allem, da die Gags mit der Geschichte selbst nichts mehr zu tun haben. Dennoch, die Theateradaption um ein spätes Kinderglück ist eine wohltuende Abwechslung im Komödieneinerlei, das sich meistens in den Kinos breitmacht, und kurzweilig genug, damit die schwächeren Passagen nicht übermäßig ins Gewicht fallen.



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Stell dir vor, du bist jenseits der 60, als ein Mann vor dir auftaucht und behauptet dein Sohn zu sein. Dass dies bei „Nicht ohne Eltern“ gar nicht sein kann, macht einen bedeutenden Teil des Spaßes aus, denn hier treffen Absurdität und Verwirrung zu einem vergnügten Rätselraten zusammen. Später verlagert sich die Komödie etwas zu sehr in Richtung Klamauk, allein der beiden Hauptdarsteller und der ungewöhnlichen Geschichte wegen lohnt sich der Film aber.
6
von 10