„Pope Francis – A Man of His Word“, Deutschland/Frankreich/Italien/Schweiz, 2018
Regie: Wim Wenders; Musik: Laurent Petitgand
Größer hätte der Kontrast wohl kaum sein können, als Donald Trump vor rund einem Jahr Papst Franziskus zu einer privaten Audienz im Vatikan traf. Auf der einen Seite der lautstarke US-Amerikaner, der ein Leben im Luxus als sein gottgegebenes Recht ansieht, nichts von Gemeinschaft hält und den Wert einer Sache anhand des für ihn damit verbundenen Profits bestimmt. Auf der anderen Seite der Argentinier, leise, bescheiden, um Ausgleich bemüht, einer der sich vor allem über seine Worte definiert, nicht über Statussymbole.
Für Trump ist in Papst Franziskus – Ein Mann seines Wortes kein Platz. Aber auch ohne diese Gegenüberstellung gelingt es Wim Wenders gut, die Zurückhaltung des kirchlichen Oberhauptes aufzuzeigen, seine Demut. Die kann mitunter witzig sein, etwa wenn Franziskus in einem Kleinstwagen unterwegs ist, der hinter den Sicherheitskräften verschwindet. Dass da ein ungemein bedeutender Mann in dem winzigen Fahrzeug sitzt, mag man kaum glauben, wird auch entsprechend von den US-Kommentatoren begleitet – mit einer Mischung aus Ungläubigkeit und Spott.
Der geborene Redner
Über den Menschen an sich zu spotten, das ist da schon deutlich kniffliger. Nicht nur, dass er als Oberhaupt der katholischen Kirche immerhin knapp 1,3 Milliarden Menschen führt. Er macht es einem auch durch seine Art überaus schwierig. Seine Ausführungen zu Demut und Verantwortung erfolgen hier nicht mit streng erhobenem Zeigefinger. Es ist vielmehr seine lockere Art, verbunden mit jeder Menge Charisma und Humor, die den Südamerikaner mit dem bürgerlichen Namen Jorge Mario Bergoglio auszeichnen. Er ist ein mitreißender und zugleich angenehmer Gesprächspartner. Einer, dem man gern zuhört.
Wim Wenders, der vor über 30 Jahren mit dem kürzlich restaurierten Der Himmel über Berlin schon einmal seine Faszination für Religion zeigte, hat ihm zugehört. Manchmal hat er auch gesprochen, das eine oder andere Voice over findet sich durchaus in seinem Dokumentarfilm. Aber es bleibt die Ausnahme. Er überlässt lieber dem Geistlichen das Wort. Das ist einerseits gut, da Papst Franziskus doch jede Menge interessanter Sachen zu sagen hat: Papst Franziskus – Ein Mann seines Wortes schlägt einen großen thematischen Bogen von Wirtschaft über Umwelt bis hin zu zwischenmenschlichen Aspekten.
Hier redet nur einer
Gleichzeitig verhindert Wenders auf diese Weise aber auch, dass es eine wirkliche Auseinandersetzung mit dem Gesagten gibt. Sein Dokumentarfilm, der bei den Filmfestspielen von Cannes 2018 Weltpremiere feierte, ist so etwas wie das Wort zum Sonntag, nur eben auf über anderthalb Stunden ausgebreitet. Und wenn doch mal jemand anderes etwas sagen darf, in Form besagter Voice overs beispielsweise, dann handelt es sich um Lobpreisungen des 81-jährigen Herren. Das Gefühl, hier einem Infomercial zuzusehen und eben keiner Dokumentation, das wird mit der Zeit immer stärker. Umso mehr, da das Projekt vom Vatikan selbst initiiert wurde.
An der Bedeutung der Reden Franziskus’ ändert das aber nicht, Papst Franziskus – Ein Mann seines Wortes gibt immerhin einige Denkanstöße zum gemeinsamen Leben der Menschen. Besonders eindrucksvoll sind die Szenen, wenn die Auswirkungen des globalen Raubbaus aufgezeigt werden: Menschen, die auf riesigen Müllbergen nach Verwertbarem suchen, Opfer von Naturkatastrophen. Man muss nicht an einen Gott glauben, geschweige denn an die Kirche als Institution, um davon bewegt zu werden oder auch das eigene Leben wieder auf den Prüfstein zu legen. Als eigenständiges Werk ist der Dokumentarfilm jedoch etwas dünn – daran ändern auch die seltsamen nachgestellten Szenen aus dem Leben von Franz von Assisi nichts, die maximal der visuellen Auflockerung dienen.
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