The Last Suit

The Last Suit

„El último traje“, Argentinien/Spanien, 2017
Regie: Pablo Solarz; Drehbuch: Pablo Solarz; Musik: Federico Jusid
Darsteller: Miguel Ángel Solá

„Das letzte Geschenk“ // Deutschland-Start: 13. Mai 2022 (Kino)

Also, das hatte sich Abraham Bursztein (Miguel Ángel Solá) nun wirklich anders vorgestellt. Ins Heim wollen ihn seine Kinder stecken. Schön, so richtig fit ist der stramm auf die 90 zugehende Rentner nicht mehr, vor allem sein Bein macht ihm Probleme. Dass sein Haus verkauft werden soll, nimmt er seiner Familie aber schon sehr übel. Da fällt ihm ein, dass er noch jemandem ein Versprechen schuldig war. Ein Versprechen, das schon mehr als 70 Jahre zurückliegt, in seiner alten Heimat in Polen. Seither hat er seinen Freund nicht gesehen, nicht gesprochen. Aber ein Versprechen ist ein Versprechen. Und so macht sich der frühere Schneider auf den langen Weg von Argentinien nach Europa, begegnet neuen Bekannten, muss sich dabei aber auch alten Wunden stellen.

Kauzige alte Männer, die nichts als Scherereien bedeuten, davon haben wir im Kino in den letzten Jahren eine ganze Menge bewundern dürfen. Die Skandinavier fuhren damit ganz erfolgreich (Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand, Ein Mann namens Ove). Auch die Franzosen waren eifrig dabei, meist um im Kontrast mit jüngeren Protagonisten für komische Reibung zu sorgen – siehe etwa Monsieur Pierre geht online oder Frühstück bei Monsieur Henri.

Ich bin alt, macht, was ich sage!

The Last Suit scheint da zunächst in eine ganz ähnliche Richtung zu gehen, quasi das südamerikanische Pendant zum grumpy old man zu sein. Auch er schnauzt schon mal ganz gerne Leute an, wenn es nicht so läuft, wie von ihm gewollt. Und das kommt häufiger vor. Widerspruch? Nein, damit fangen wir gar nicht erst an. Abraham ist stur, unversöhnlich, tut sich äußerst schwer damit, Fehler zuzugeben oder auch nur in Betracht zu ziehen, dass er falsch liegen könnte. Das ist anstrengend, natürlich, aber eben auch witzig, wie so oft in diesen Filmen.

Die argentinisch-spanische Coproduktion, welche Ende Juni 2018 auf dem Filmfest München und dem Jüdischen Filmfestival Berlin-Brandenburg läuft, geht jedoch etwas eigene Wege. Ungewöhnlich ist beispielsweise, dass der reisende Schneider – anders als in Roadmovies üblich – allein unterwegs ist. Begleitung hat er, immer wieder, die unterschiedlichsten Menschen werden sich ihm für kurze Abschnitte anschließen, nur um danach wieder zu verschwinden. Dass alle anderen Figuren so zu Stichwortgebern reduziert werden, liegt in der Natur der Sache. Manchmal ist es schade, über einige hätte man gern mehr erfahren. Zudem lebt The Last Suit auch von diesem Austausch, von den Kontrasten, wenn der Zufall sehr verschiedene Leute zusammenführt. Doch noch bevor deren Geschichte auserzählt ist, Abraham die Einflüsse wirklich in sich aufnimmt, wartet schon der nächste Streckenabschnitt, die nächste Begegnung.

Ein bisschen Herz muss sein

Allzu viel Tiefgang hat das impressionistisch gehaltene The Last Suit daher eher nicht. Dafür aber jede Menge schöner Szenen, von kurios bis bewegend. Vor allem zum Schluss legt Regisseur und Drehbuchautor Pablo Solarz die emotionalen Daumenschrauben an. Wenn wir unterstützt von dick aufgetragener, dramatischer Musik den Endspurt einlegen, dann mag das nicht sonderlich subtil sein. Glaubwürdig ist es ohnehin nicht, was Solarz da zu erzählen hat. Aber darum ging es dem Filmemacher vermutlich auch gar nicht. Stattdessen ist sein Roadmovie etwas fürs Herz, eine sentimentale Auseinandersetzung mit einer traurigen Vergangenheit, die dem Publikum ein Lächeln aufs Gesicht zaubern möchte, wenn wir zusammen mit dem zwischen charismatisch und nervig wechselnden Sturkopf am Ende unserer Reise angekommen sind.



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The Last Suit
Fazit
In „The Last Suit“ folgen wir einem alten Kauz, der eine in mehrfacher Hinsicht lange Reise antritt, um ein Versprechen einzulösen. Das ist vor allem zu Beginn unterhaltsam, wenn der Roadmovie den Griesgram auf die unterschiedlichsten Leute stoßen lässt. Später steht dann aber doch primär das Herz auf dem Reiseplan, wenn der Film nicht immer ganz subtil das Publikum bewegen und gleichzeitig zum Lächeln bringen will.
7
von 10