„Wolf and Sheep“, Afghanistan, 2016
Regie: Shahrbanoo Sadat; Drehbuch: Shahrbanoo Sadat
Darsteller: Qodratollah Qadiri, Sediqa Rasuli
Es mag kein besonders abwechslungsreiches Leben sein, das die Familien in der entlegenen Bergregion Afghanistans führen. Einfach ist es deshalb aber nicht, vor allem nicht für die Kinder. Während die Mädchen die Schafe hüten, haben Jungen die Aufgabe, Wölfe zu vertreiben – was mal besser, mal schlechter funktioniert, mit schlimmen Folgen für die Eltern. Aber auch innerhalb der Kinder kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen, beispielsweise bei Qodrat (Qodratollah Qadiri) und Sediqa (Sediqa Rasuli), die in ihrer Gemeinschaft als Außenseiter gelten.
Afghanistan als Schauplatz eines Filmes, da dürften die meisten an Kriegsgeschichten denken. Nicht in Wolf and Sheep. Das Geschehen hier ist so losgelöst von explosiven Schlachten, von größeren Zivilisationen auch, man wüsste gar nicht, wo man sich hier eigentlich befindet. Einen idyllischen Ort haben die Filmemacher hier gefunden. Ein bisschen märchenhaft erscheint es sogar, wenn wir hier durch die Berglandschaften streifen, den Tieren beim Grasen zusehen, den Kindern beim Spielen und Streiten.
Von den Kindern hinter den Tieren
Letztere stehen hier auch im Mittelpunkt. Es mag im Titel zwar von den Tieren die Rede sein. Und zweifelsfrei spielen sie auch eine große Rolle im Leben der Menschen dort, stellen sie doch deren Existenzgrundlage dar. Aber es sind dann doch die Kinder, von denen die Regisseurin und Drehbuchautorin Shahrbanoo Sadat hier erzählen will. Die Grundlage hierfür liefern alte Tagebuchaufzeichnungen von Anwar Ashimi, der auch als Regieassistent beteiligt war.
Entsprechend persönlich und authentisch wirkt es dann auch, was Wolf and Sheep hier zu erzählen hat. An vielen Stellen meint man sogar, eine Dokumentation vor sich zu haben, die ohne jegliches Zutun entstanden ist. Spontan und willkürlich wie das Leben, ein zufälliger Blick auf das Leben in dem provinziellen Leben Afghanistans. Viel Handlung sollte man daher nicht erwarten, auch keine tatsächlich durchgehende Geschichte. Grob folgt der Film zwar der Freundschaft der beiden Kinder. Oftmals ist das Drama aber eher Porträt eines Landstriches, einer Kultur auch, die von der Außenwelt vergessen wurde.
Zwischen Alltag und Märchen
Dazu passt die besagte märchenhafte Atmosphäre, angefeuert auch durch die Fabeln und Geschichten, die sich die Menschen hier erzählen. Denn was in Wolf and Sheep geschieht, das ist gelebte Überlieferung. Die Legenden, die im Umlauf sind, sie gehören ebenso stark zum Alltag wie die Schafe und Wölfe. Dadurch entsteht ein reizvoller Gegensatz zwischen dem Romantischen und dem Rauen, dem harschen bis brutalen Alltag und der kindlichen Unschuld und Begeisterung.
Die Zielgruppe ist für den Beitrag vom Schlingel Filmfest 2017 naturgemäß eher kleiner, Wolf and Sheep ist ein typischer Arthaus-Film für kulturinteressierte Zuschauer. Die dürfen sich dann auch an diesem kleinen Ausflug erfreuen, an dem Einblick auf ein anderes Leben. Aber auch an dem Ausblick auf eine wunderbare Naturlandschaft, die so ursprünglich ist, dass man den Film auch als reine Reisedokumentation gern gesehen hätte. Dass Sadat dabei gleichzeitig vom schwierigen Aufwachsen berichtet, macht das Drama umso sehenswerter.
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