Alles hat einen Anfang und ein Ende. Außer wenn es das nicht hat natürlich. 25 Jahre ist es mittlerweile schon her, dass Und täglich grüßt das Murmeltier vorgemacht hat, wie unterhaltsam ein Tag sein kann, der sich andauernd wiederholt – zumindest für das Publikum. Viele Filme folgten später, die das Prinzip wieder aufgriffen. „Langweilig“ möchte man rufen, wenn sich wieder ein Filmemacher berufen fühlt, das Konzept zu wiederholen. Außer wenn es das nicht ist natürlich. Langweilig.
Laura Nasmyth und Philip Leitner, die bei 8:30 Regie führten und das Drehbuch schrieben, würde man kaum vorwerfen wollen, dass sie den Komödienklassiker aus dem Jahr 1993 kopieren würde. Komisch ist der Film durchaus, manchmal zumindest. Aber es ist eher eine Komik, die der Verwunderung entspringt, der Faszination. Dem Frust vielleicht auch, dass man so gar nicht versteht, was hier eigentlich vor sich geht.
Der leise Horror der Gefangenschaft
Nein, einfach machen es einem die beiden hier sicher nicht, weder als Zuschauer noch als Schreiberling, der die seltsamen Ereignisse in Worte fassen muss. Denn Worte gibt es in 8:30 kaum. Und auch nichts, was man ernsthaft als Handlung bezeichnen wollte. Im Mittelpunkt des (Nicht-)Geschehens steht ein namenloser Handelsvertreter (Florian Nolden), der mit einer Gruppe von Kollegen in eine Kleinstadt kommt, um dort etwas zu verkaufen. Vermutlich. Doch der Verkauf stellt sich dabei als ebenso schwierig heraus wie der Versuch, die Stadt wieder zu verlassen. Denn so oft er auch den Zug betritt, er kommt doch immer wieder am selben Ort heraus.
Diese Idee ist eigentlich eher im Horrorgenre daheim: das verfluchte Dorf, aus dem es kein Entkommen gibt. Monster gibt es jedoch keine in 8:30, keine übernatürlichen Wesen. Wobei, etwas unwirklich sind die Leute hier aber schon. So wie es die Kleinstadt auch ist. Noch bevor wir überhaupt merken, dass da ein Muster ist, das sich einschleicht, beschleicht einen das Gefühl, dass etwas hier nicht stimmt. Dafür ist hier vieles zu künstlich, zu seltsam frei von Leben, zu durchkomponiert.
Die kunstvolle Auflösung von Grenzen
Man könnte aber auch sagen zu kunstvoll. Der Beitrag vom Filmfest Osnabrück 2017 ist einer, an dem man sich nicht sattsehen kann, der ständig die Augen mit reizvoll seltsamen Szenen verwöhnt, obwohl so gut wie nichts geschieht. Einer, der gerade mal 70 Minuten lang ist und dennoch einiges an Geduld einfordert, da er nie wirklich fassbar ist. Man kann sich darüber streiten, ob das überhaupt noch als Spielfilm durchgeht oder nicht vielleicht doch eher in einem Museum besser aufgehoben wäre – oder eben bei Filmfesten, wo 8:30 auch des Öfteren zu Gast war.
So oder so fordert er das Publikum heraus, sich selbst einen Reim auf das Ganze zu machen. Einfach ist das nicht, gerade im späteren Verlauf, wenn 8:30 immer surrealere Züge annimmt und Grenzen sich auflösen, von denen man nicht einmal sagen kann, welche das waren. Die Realität tritt gegen den Traum an, zwischendurch funkt auch die Digitalisierung dazwischen, bis Menschen nur noch Objekte sind. Vielleicht nicht einmal das. Wer offen ist für derlei mysteriöse Sonderbarkeiten am Rande des Wahrnehmbaren, der sollte selbst einmal ein Ticket lösen. Auch auf die Gefahr hin, selbst in diesem Wahnsinn gefangen zu bleiben.
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