„Ant-Man and the Wasp“, USA, 2018
Regie: Peyton Reed; Drehbuch: Chris McKenna, Erik Sommers, Paul Rudd, Andrew Barrer, Gabriel Ferrari; Musik: Christophe Beck
Darsteller: Paul Rudd, Evangeline Lilly, Michael Peña, Walton Goggins, Hannah John-Kamen, Abby Ryder Fortson, Randall Park, Laurence Fishburne, Michael Douglas, Michelle Pfeiffer
Seitdem er vor einigen Jahren bei der Auseinandersetzung rund um die Avengers auf der falschen Seite des Gesetzes stand, steht Scott Lang alias Ant-Man (Paul Rudd) unter Hausarrest. Aufregend ist das nicht. Immerhin gibt ihm das aber die Gelegenheit, viel Zeit mit seiner Tochter Cassie (Abby Ryder Fortson) zu verbringen. Doch dann hat er kurz vor Ablauf seiner Strafe einen eigenartigen Traum, der sich um Janet (Michelle Pfeiffer) dreht, die vor 30 Jahren im subatomaren Raum verschwand. Für ihren Mann Dr. Hank Pym (Michael Douglas) und dessen Tochter Hope van Dyne (Evangeline Lilly) ist das Grund genug, wieder Kontakt zu Scott aufzunehmen, waren sie doch immer davon überzeugt, dass Janet bis heute lebt. Während das Trio nun nach einer Möglichkeit sucht, der Vermissten zu folgen, bekommen sie es mit der mysteriösen Ghost (Hannah John-Kamen), dem Hehler Sonny Burch (Walton Goggins) und auch FBI-Agent Jimmy Woo (Randall Park) zu tun.
Jetzt aber, freuten sich die Skeptiker und Gegner des mächtigen Marvel-Imperiums, vor gut drei Jahren: Nach all den Schwierigkeiten, die den Dreh von Ant-Man begleiteten, allen voran die Trennung von Regisseur Edgar Wright, musste doch endlich mal ein Flop her. Und überhaupt, wer will schon einen Mann sehen, der mit Ameisen auf Tour geht? Antwort: Jede Menge. Auch wenn die Zahlen nicht auf demselben Level wie die Schwergewichte aus dem eigenen Comic-Haus waren, mit über 500 Millionen Dollar Einspielergebnis am Ende glühten die Kinokassen und bewiesen, dass auch die obskurste Marvel-Figur für einen Hit gut ist, so lange man sich nur eng genug an die Erfolgsformel hält.
Schweres Marvel-Erbe
Dass die Fortsetzung Ant-Man and the Wasp zu einem Flop wird, damit rechnet deshalb niemand mehr. Zumal der einfach nicht enden wollende Aufstieg von Marvel durch die phänomenalen Kassenflüge Black Panther und Avengers: Infinity War noch einmal kräftig befeuert wurde. Gleichzeitig ist das aber auch die größte Hürde für den neuen Auftritt des Insektenmannes: Während die beiden Kollegen Events waren, denen entgegengefiebert wurde und mächtige Fußabdrücke in den Boden stampften, zeigt sich der nunmehr 20. Teil des Marvel Cinematic Universe völlig ohne Ambitionen und hinterlässt leider auch keinen sonderlich großen Eindruck.
Spaß macht Ant-Man and the Wasp natürlich, so wie fast alle Beiträge aus der Reihe Spaß machen. Und nicht jeder Superheld muss mit bleischweren Missionen um die Gunst des Publikums buhlen. Es ist sogar der sympathischste Zug an dem Film, dass er mal nicht vom bombastischen Ende der Welt redet, sondern eine im Grunde sehr persönliche Geschichte erzählt von drei Leuten, die einen geliebten Menschen wiederfinden wollen. Emotionale Momente gibt es hier dann auch so einige. Es gibt sie bei Scott, der einige wirklich herzerwärmende Szenen mit seiner Tochter hat. Es gibt sie bei Hank und Hype, die alles dafür tun, um Janet wiederzusehen – auch wenn deren von Michelle Pfeiffer verkörperten Auftritte sehr kurz ausfallen.
Ein Grund dafür: Ant-Man and the Wasp quillt geradezu über vor Charakteren. Das kommt bei Marvel hin und wieder vor. Bemerkenswert ist aber, dass das hier auch ohne Querverbindungen zu anderen MCU-Teilen geht. Es gibt eine Handvoll Anspielungen, ansonsten aber ist man hier wirklich ausschließlich mit sich selbst beschäftigt. Unterhaltsam ist das durchaus, wenn mit dem Heldentrio, dem FBI, Ghost und den Verbrechern gleich vier Parteien miteinander rangeln – von Nebenschauplätzen wie Luis (Michael Peña) und dessen Sicherheitscrew und Scotts Exfrau ganz zu schweigen. Es führt gleichzeitig aber auch dazu, dass hier nichts wirklich Gewicht hat, vieles passiert, das eigentlich völlig irrelevant ist, während Zwei- wie Sechsbeiner durch die Stadt wuseln auf der Suche nach angeblich wichtigen Utensilien und einem Plot.
Zu viel und zu wenig zugleich
Während das bei vielen Figuren nicht weiter schlimm ist, da sie ohnehin nur zur Erheiterung eingebaut wurden, ist der Umgang mit Ghost tatsächlich tragisch. Tragisch, weil ihre Hintergrundgeschichte tragisch ist. Tragisch, weil so gar nichts daraus gemacht wurde. Der Einstieg ist stark, so wie ihre besondere Fähigkeit uns mit jeder Menge schicker Szenen beschenkt. Aber auch hier ergibt vieles keinen Sinn, selbst in dem notorisch genügsamen Comicumfeld, die Auflösung gehört zu den wohl faulsten Drehbuchentscheidungen, die der Bereich in den letzten Jahren hervorgebracht hat. Und das muss man erst einmal schaffen angesichts großer Konkurrenz wie der mittlerweile legendären Martha-Szene aus Batman V Superman: Dawn of Justice.
Im vergleich zu Letzterem haben die Marvel-Helden aber nach wie vor die Nase vorn. Auch wenn sich viele Witze, die mit der Gegenüberstellung von klein und groß spielen, etwas abgenutzt haben, der Humor im Vergleich zum letztjährigen Kollegen Thor: Tag der Entscheidung schwachbrüstig ist, man lacht am Ende dann eben doch oft genug. Und die Besetzung ist ohnehin wie immer in diesem Universum makellos. Paul Rudds Charme allein reicht, um die zwei Stunden von Ant-Man and the Wasp auszufüllen, ergänzt um eine Reihe bestens aufgelegter Stars, von denen wir hoffentlich noch mehr zu sehen bekommen. Zudem macht der Film dank einer interessanten Verbindung zu den Avengers neugierig darauf, wie es im Anschluss weitergeht – auch wenn wir auf die Antwort noch viele Monate warten müssen.
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