Teo (Adriano Giannini) mag die Frauen. Er liebt sie sogar. Sich festzulegen, das mag er jedoch weniger. Und so zögert er es jetzt auch seit einer ganzen Weile hinaus, mit seiner Freundin zusammenzuziehen. Der Mitarbeiter einer hippen Werbeagentur genießt dafür einfach viel zu sehr seine Unabhängigkeit. Kompliziert wird es jedoch, als er eines Tages der blinden Osteopathin Emma (Valeria Golino) über den Weg läuft. Die sprüht vor Leben und zeigt ihm Wege, die Welt noch einmal ganz neu zu entdecken. Und ehe er es sich versieht, hat er längst Gefühle für sie entwickelt und muss sich nun wohl oder übel entscheiden, mit welcher von beiden Frauen er zusammen sein möchte.
Er gehört zu den beliebtesten Figuren bei romantischen Filmen: der Weiberheld, der sich durch aller Frauen Betten schläft, bis er eines Tages seiner wahren Liebe begegnet und erkennt, worauf es im Leben wirklich ankommt. Das ist in Die verborgenen Farben der Dinge erst einmal nicht anders. Teo ist charmant, wenn auch nicht übermäßig sympathisch – sofern man nicht gerade eine Vorliebe für Männer hat, die in Frauen erst einmal nur ein Spielzeug sehen. Wenn er mit Emma anbandelt, dann geschieht das zunächst nicht, weil er ein so gutes Herz hätte. Er ist interessiert ihres guten Aussehens wegen. Und wegen seiner Neugierde, wie das wohl so ist, mit einer Blinden im Bett.
Auf der Flucht vor Gefühlen und Nähe
Zwei Punkte sind es, mit denen der italienische Regisseur und Co-Autor Silvio Soldini seine Version der Geschichte von den ähnlichen der Konkurrenz unterscheidet. Zunächst einmal ist Theo, fragwürdiges bis unwürdiges Verhalten zum Trotz, nicht einfach nur ein Weiberheld. Anders als der Kollege in Liebe bringt alles ins Rollen ist der Italiener geerdeter, keine schillernde Witzfigur. Das Problem mit der Nähe zeigt er zudem auch in anderen Zusammenhängen, gerade auch bei seiner Familie, bei der er sich nur selten blicken lässt. Für die er sich nicht wirklich zu interessieren scheint.
Ein solcher Protagonist lädt sicher nicht unbedingt dazu ein, dass man ihm die Daumen drückt – was meistens eine wichtige Voraussetzung ist für das Gelingen einer Liebesgeschichte. Zudem ist schade, dass Soldini die Figurenzeichnung hier nicht noch mehr vertieft. Der Hintergrund von Teo wird etwas lieblos abgehandelt und auch überraschend kurz für einen Film, der fast zwei Stunden dauert. Als rein personenbezogenes Drama ist Die verborgenen Farben der Dinge, das auf den Filmfestspielen Venedig 2017 Premiere feierte, daher nur wenig beglückend.
Charmante Suche nach dem Glück
Und doch ist es irgendwie charmant, wie er und Emma Zeit miteinander verbringen, sich kennenlernen, ein Stück weit auch das Leben kennenlernen. Das liegt zu einem bedeutenden Teil natürlich an dem zweiten inhaltlichen Element: Emmas Blindheit. Die kürzlich geschiedene Frau wird als ein Mensch gezeigt, der sich nicht auf seine Beeinträchtigung reduzieren lassen will. Jemand, der versucht, möglichst unabhängig zu sein, ohne dadurch sensorische Superkräfte zu entwickeln. Im einen Moment zeigt sie eine bemerkenswerte Auffassungsgabe. Im nächsten realisiert sie nicht einmal, dass sie mit einem leeren Bett spricht, weil Teo es in der Zwischenzeit verlassen hat.
An vielen Stellen ist Die verborgenen Farben der Dinge dann auch ein sehr sinnlicher Film, dessen Szenen mit dem Erfahren der Welt beschäftigt sind. Eine der schönsten zeigt die beiden, wie sie zusammen Blumen einkaufen gehen, die Auswahl zwischen Tasten, Riechen und Sehen stattfindet. Wie verschiedene Sinne zusammenspielen, ohne dass das Drama dabei gleich alles wieder verkitschen würde. Mehr Originalität im Ablauf wäre nicht verkehrt gewesen, zumindest die Romanze hält so gar keine Überraschung bereit. Den Mut, tatsächlich die Welt einmal neu zu entdecken. Aber es ist eben ein schöner, leiser Film über zwei Menschen, die sehr unterschiedlich sind und sich doch irgendwie gefunden haben.
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