Was ein echter Dalton ist, der hält nicht viel davon, Zeit in einem Gefängnis zu verschwenden. Und so nutzen die Brüder Joe, William, Jack und Averell dann auch nur allzu gern die Gelegenheit, sich während der Geburtstagsfeier des Gefängnisdirektors aus dem Staub zu machen. Kanada lautet das Ziel, wo die gesuchten Verbrecher unter dem Namen Jones ein neues Leben beginnen wollen. Sie haben da nur ein Problem: Lucky Luke. Ihr gesetzestreuer Erzfeind ist ihnen schon dicht auf den Fersen und lässt sich durch nichts und niemand aufhalten, um die entflohenen Schurken wieder dingfest zu machen.
Und was nun? Als René Goscinny 1977 starb, bedeutete das nicht nur für Asterix große Umstellungen. Auch Lucky Luke war davon betroffen, schließlich hatte der Franzose jahrzehntelang die Texte für die Comics rund um den einsamen Cowboy mit den enormen Reflexen geschrieben. Dessen weniger bekannte Zeichentrickkarriere war gleich doppelt von dem Tod erschüttert. Goscinny war nicht nur für den Inhalt entscheidend mitverantwortlich, er hatte zudem auch Regie bei den beiden Filmen Daisy Town und Sein größter Trick geführt, unterstützt von dem Luke-Erfinder Morris.
Aus drei mach eins
Ein Neustart musste beim dritten Langfilm also her. Wobei man sich darüber streiten könnte, ob Das große Abenteuer überhaupt als Langfilm durchgeht. Genaugenommen besteht er lediglich aus einem Zusammenschnitt dreier Folgen der 1983 gestarteten Zeichentrickserie. Ein roter Faden ist daher selbst für den besten Spürhund keiner zu finden, was sich auch daran zeigt, dass die Episoden nicht einmal chronologisch zusammengefügt wurden. Verbindendes Thema sind lediglich die Daltons, die in allen drei Geschichten eine Rolle spielen.
Wie viel Spaß man an Das große Abenteuer hat, hängt dann auch überwiegend davon ab, wie sehr man die vier kauzigen Gestalten mag, die sich überwiegend durch ihre Größe unterscheiden, ein wenig auch durch Temperament und Intelligenz. In kleineren Dosen ist das durchaus unterhaltsam, etwa die absurden Verkleidungen, mit denen die Daltons ihrer gerechten Strafe zu entkommen versuchen. Durch diese Ballung in Gestalt eines Films kommt es aber auch schnell zu Ermüdungserscheinungen, wenn sich manche Witze einfach ein bisschen zu oft wiederholen.
Ist das alles?
Hinzu kommt, dass die Zusammenarbeit mit den amerikanischen Zeichentrickurgesteinen Bill Hanna und Joseph Barbera – unter anderem gehören Tom und Jerry, Familie Feuerstein und Scooby-Doo zu ihrem Resümee – sich des Öfteren auf recht schlichten Slapstick verlässt. Was im Comic und zum Teil auch in den Filmen noch feine Parodie auf Westernfilme war, das verkommt hier zu einer oft austauschbaren Samstagmorgenunterhaltung. Wasserfälle hinunterfallen, peinliche Missgeschicke, das kann jeder, dafür braucht es nicht Lucky Luke.
Bester Neuzugang im Vergleich zu den vorherigen Filmen ist noch Ma Dalton, die Mutter der missratenen Bande, die sich immer wieder selbst als Gangsterin versucht, dabei aber ebenso wenig Talent zeigt. Von ihr hätte man gern noch ein wenig mehr gesehen. Und auch rein visuell wäre „mehr“ schön gewesen: Die TV-Herkunft kann Das große Abenteuer nie verbergen. Wirkliche Hingucker waren die ersten beiden Werke natürlich auch schon nicht gewesen. Hier gab man jegliche Ambitionen darauf dann völlig auf, lediglich die noch immer markanten Designs der Figuren geben dem Zeichentrick-Western ein eigenes Gesicht.
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