„Avengers: Tunnel of Fear“, UK, 1961
Regie: Don Leaver; Drehbuch: John Kruse; Musik: Leonard White
Darsteller: Ian Hendry, Patrick Macnee, Anthony Bate
Irgendwie hat Dr. David Keel (Ian Hendry) ein Händchen dafür, immer wieder in finstere Machenschaften hineingezogen zu werden. Eigentlich wollte der Arzt nur den schwer verletzten Patienten (Anthony Bate) behandeln, der in seine Praxis getorkelt war. Doch wie sich herausstellt, handelt es sich bei diesem um einen entflohenen Gefängnisinsassen. Mehr noch, er behauptet seinerzeit reingelegt worden und völlig unschuldig zu sein. Während Keel an dessen Aussage zweifelt, schenkt ihm Geheimagent John Steed (Patrick Macnee), der zufällig vorbeikommt, Vertrauen. Als die beiden Männer beim Vergnügungspark nachforschen, dem Ort des Verbrechens, kommen sie einer noch viel größeren Geschichte auf die Spur.
Ein Griff in die Schatzkiste
Lange Zeit waren hiesige Anhänger von Mit Schirm, Charme und Melone ja der Ansicht, die Kultserie hätte mit der unvergleichlichen Emma Peel (Diana Rigg) ihren Anfang genommen. Der Grund: Erst ab der vierten Staffel wurden die Abenteuer rund um den Geheimagenten John Steed auch auf Deutsch veröffentlicht. Erst 2010, fast 50 Jahre nach der englischen Erstausstrahlung, folgten die Staffeln zwei und drei. Staffel 1 bleibt jedoch bis heute ein Problemfall, da nahezu alle Folgen verschollen sind. Lediglich zwei, so hieß es, würden heute noch existieren. Als im Oktober 2016 bekannt wurde, dass mit Tunnel of Fear noch eine dritte wiederaufgetaucht ist, war das für Fans daher ein deutlich verfrühtes Weihnachtsgeschenk.
Anders als bei den späteren, deutlich populäreren Staffeln war Steed hier noch in rein männlicher Begleitung unterwegs. Die wenigen Frauen, die in Tunnel of Fear mitspielen, müssen sich mit kleinen, meist unbedeutenden Rollen zufriedengeben, wenn sie nicht gar reine Objekte für den Geheimagenten abgeben. Die Neigung, Frauen zu umgarnen, die hat er natürlich auch im weiteren Verlauf von Mit Schirm, Charme und Melone. Durch das Fehlen eines starken weiblichen Counterparts fällt dies hier aber deutlicher auf, in Zeiten von #MeToo ist der verspielte Sexismus mindestens altmodisch, wird so manche Zuschauerin vielleicht sogar ärgern.
Die Figuren nicht auf der Höhe der Zeit
Erschwerend kommt hinzu, dass Keel keine besonders interessante Figur ist, zumindest im Vergleich zu Peel oder auch Catherine Gale (Honor Blackman) den Kürzeren zieht. Ein nüchterner, durch und durch solider sowie kompetenter Arzt, der als Kontrast zu dem etwas ausschweifenden Steed fungiert. Auch die Nebenfiguren sind eher unauffällig, allenfalls eine Wahrsagerin beschert uns hier einige kleine Schmunzelmomente.
Dafür zeigt die Geschichte schon einmal, in welche Richtung die Serie sich später einmal entwickeln wird. Wenn Harry Opfer einer Verschwörung wird, dann ist das ein klassisches Spionageabenteuer gepaart mit Humor und dem Hang zum Skurrilen. Das ist noch nicht auf dem Niveau, das Mit Schirm, Charme und Melone in den Folgejahren zu einer Ausnahmeerscheinung im Fernsehen werden ließ. Laune macht aber auch Tunnel of Fear. Fans müssen die Wiederentdeckung in ihre Sammlung mitaufnehmen, der Rest kann aber ebenfalls bei dem humorvoll-altmodischen Krimi seinen Spaß haben.
(Anzeige)