In dem Frauengefängnis in Litchfield geht es heiß her: Nachdem die Insassinnen einen Wärter überwältigt haben und Daya (Dascha Polanco) dessen Waffe an sich genommen hat, bricht eine richtige Revolte aus. Während Piper (Taylor Schilling) und Alex (Laura Prepon) alles dafür tun, um sich aus dem Aufstand herauszuhalten, fordert Taystee (Danielle Brooks) Gerechtigkeit für ihre getötete Freundin und gibt sich als knallharte Verhandlerin, um im Austausch gegen die Wärter bessere Konditionen für alle herauszuholen. Gloria (Selenis Leyva) hat hingegen ganz eigene Sorgen: Ihr Sohn ist schwer krank und sie wäre bereit alles dafür zu tun, um jetzt bei ihm zu sein.
Orange Is the New Black war ja von Anfang an eine etwas eigenwillige Serie gewesen. Nicht dass Geschichten im Knast so ungewöhnlich wären, Film und Fernsehen haben das Thema oft genug aufgegriffen. Und zumindest hierzulande war die Vorstellung eines Frauengefängnisses durch Hinter Gittern bereits etabliert. Neu war aber, wie bei der Netflix-Produktion Drama und Komödie miteinander gemischt wurden, auch wie mittels Flashbacks aus dem begrenzten Setting ein echter Mikrokosmos voller ausgearbeiteter Charaktere wurde.
Keine Zeit für Entwicklung
Das ist in der fünften Staffel prinzipiell nicht anders. Und doch unterscheidet sie sich deutlich von den vier vorangegangenen. Während diese über einen Zeitraum von mehreren Wochen spielten, beschränkt sich Orange Is the New Black hier auf wenige Tage – eben die Zeitspanne von Beginn der Revolte bis zu ihrem Ende. Das reicht natürlich nicht, um größere Entwicklungen bei den Figuren unterzubringen. Auch die Rückblicke, mit deren Hilfe zuvor aus Nebenfiguren Persönlichkeiten mit einer echten Vorgeschichte wurde, sind diesmal eher Fremdkörper. Am spannendsten sind noch die, wenn ausnahmsweise mal zwei Wärter – Baxter Bailey (Alan Aisenberg) und Desi Piscatella (Brad William Henke) – im Mittelpunkt stehen.
Am anderen Spektrum steht Piper, die im Laufe der vorangegangen Staffeln jede Menge durchgemacht hat, in der Gegenwart wie in der Vergangenheit, zu der es aber offensichtlich immer weniger zu sagen gibt. Schon in Staffel 4 wurde sie immer weiter an den Rand gedrängt. In den aktuellen Geschehnissen hätte man sie komplett rausstreichen können, ohne dass es einen Unterschied gemacht hätte. Und das ist durchaus erstaunlich, war sie zu Beginn doch die Identifikationsfigur von Orange Is the New Black und diente als Kontrastmittel, um das oft erbärmliche Leben in einem Gefängnis zu verdeutlichen.
Wechselbad der Gefühle
Schockierende Momente gibt es aber auch in der neu interpretierten Fassung: Vor allem die Umkehrung der Machtverhältnisse sorgt dafür, dass manche Figuren hässliche Seiten an sich entdecken. Ein beachtlicher Teil der Spannung von Staffel 5 besteht dann auch darin, wie sich die zuvor Unterdrückten nun verhalten werden. Lassen sie ihrerseits sadistischen Zügen freien Lauf? Werden sie es besser machen? Welche Allianzen werden sich daraus bilden, wenn auf einmal Insassinnen das Sagen haben?
Neben diesen, humorvollen oder auch emotionalen Höhepunkten, wenn etwa Brook Soso (Kimiko Glenn) der verstorbenen Poussey gedenkt, gibt es aber auch immer wieder etwas Leerlauf. Obwohl das Gewusel innerhalb der drei Tage groß ist und sich die Dinge oft überschlagen, bleibt oft das Gefühl, dass da viel zu wenig passiert. Dass die Geschichte sich nicht fortbewegt, weil in dem Chaos und der Konfusion gar nicht mehr der Raum dafür da ist. Als Experiment ist Staffel 5 daher durchaus interessant, insgesamt überwiegen auch die Stärken deutlich. Im direkten Vergleich zu den Vorgängerinnen ist sie aber eine der schwächeren.
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