„Khook“, Iran, 2018
Regie: Mani Haghighi; Drehbuch: Mani Haghighi; Musik: Peyman Yazdanian
Darsteller: Hasan Majuni, Leila Hatami, Leili Rashidi
Der Schock ist groß für die Menschen in Teheran: Irgendein Verrückter läuft herum, ermordet bedeutende Filmemacher und ritzt ihnen anschließend das Wort „Schwein“ auf die Stirn. Für Hasan Kasmai (Hasan Majuni) ist der Schock besonders groß. Denn der ist selbst Filmemacher und fühlt sich als Nicht-Opfer nicht genug gewürdigt. Dabei könnte sein Ego gerade ein paar Streicheleinheiten gut gebrauchen. Von den Behörden auf die schwarze Liste gesetzt, darf er keine Filme mehr drehen und muss sein Geld mit Werbefilmchen verdienen. Und dann will seine Geliebte Shiva (Leila Hatami) auch noch für seinen Erzfeind vor die Kamera treten. Für Hasan steht damit fest: Er muss dringend etwas tun.
Dass das Filmedrehen im Iran nicht immer ganz einfach ist, das hat in den letzten Jahren vor allem das Beispiel Jafar Panahi gezeigt: Der gefeierte Regisseur wurde mit einem Berufsverbot gestraft, sein Episodenfilm Taxi Teheran, in dem ein Taxi zum Schmelztiegel der unterschiedlichsten Schichten und Ansichten wird, musste er deshalb heimlich drehen. Panahi selbst wird in Pig nicht namentlich genannt. Ihn mit Hasan gleichzusetzen, wäre sicherlich auch nicht ganz gerecht – dafür ist Letzterer zu sehr eine Witzfigur. Aber es gibt doch einen kleinen Einblick in das Land, in dem künstlerische Entfaltung oft nur auf Umwegen oder im Geheimen funktioniert.
Tödlicher Ernst hinter viel Humor
Das macht den Film natürlich zu einem idealen Eröffnungsfilm des Iranischen Filmfestivals in München, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, dem Publikum das cineastische Schaffen des persischen Staates nahezubringen, in all seiner Vielfalt. Verkopft ist Pig deswegen aber nicht, was angesichts der kopflosen Verbrechen auch nicht sonderlich passend gewesen wäre. Stattdessen beackert der iranische Regisseur und Drehbuchautor Mani Haghighi bei seinem nunmehr achten Werk in erster Linie das Zwerchfell. Humor ist wenn man trotzdem lacht.
Und von diesen „trotzdem“ gibt es hier ja eine ganze Menge. Gelacht werden soll über grausige Morde, wenn unbescholtenen Mitbürgern die Köpfe abgeschnitten werden. Gelacht werden soll über Unterdrückung und Ausgrenzung, über fehlende Meinungsfreiheit. Auch vor Demenz schreckt Haghighi nicht zurück, die sich in Hasans Mutter langsam breitmacht. Vor allem aber soll eben über Hasan selbst gelacht werden, der mit seinem riesigen Ego durch kaum eine Tür kommt, das aber gleichzeitig so zerbrechlich ist, dass er kaum einen Schritt nach vorne machen kann – Vergleiche zu aktuellen Staatsführern der „freien“ Welt sind da rein zufällig.
Groteskes Mannsbild
Majuni macht sich diese Rolle dann auch auf eindrucksvolle Weise zu eigen. Ein paar Kilo zu viel auf den Rippen, ungepflegte, in alle Richtungen abstehende Haare, dazu ein paar Rockershirts, die den Freigeist ausdrücken sollen, während er selbst in mehrfacher Hinsicht alles andere als frei ist – doch, das ist für ein paar Lacher gut. Da braucht es oft nicht einmal mehr die besonderen Umstände des mörderischen Teherans. Wenn er über andere herzieht, mit Frauen aneinandergerät oder sich selbst bei Auftragsarbeiten als Werberegisseur nicht im Zaum halten kann, dann macht ihn das sicherlich nicht zu einem angenehmen oder gar sympathischen Zeitgenossen. Aber doch zu einem unterhaltsamen.
Dann und wann fehlt Pig, das während der Berlinale 2018 Weltpremiere feierte, ein wenig die Richtung. Mal erzählt der Film von den Morden, dann über das Filmemachen an sich, wird zwischenzeitlich zu einem rein auf die Persönlichkeiten bezogenen Werk, nur um dann zum Ende hin auch noch die sozialen Netzwerke als Zielscheibe zu entdecken. Und wenn Haghighi zwischendrin eine betörend surreale Zwischenstation einlegt, dann ist ohnehin jede Hoffnung auf Zusammenhang dahin. Viel gelernt hat man im Anschluss auch nicht unbedingt, von der sehr allgemeinen Aussage, dass alle bekloppt sind, vielleicht einmal abgesehen. Aber manchmal reicht das ja, die schwarzhumorige Krimikomödie nimmt sich des Alltags an, verdreht ihn im Anschluss so stark, bis man irgendwann selbst nicht mehr weiß, wo einem der Kopf steht.
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