Prinz Charming
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Prinz Charming
„Prinz Charming“ Release // Kino: 5. August 2018 // DVD/Blu-ray: 26. Oktober 2018

Es hört sich eigentlich ganz nett an, ist letztendlich aber doch ein Fluch: Wann auch immer eine Frau Prinz Charming begegnet, verfällt sie ihm hoffnungslos. Ein kleines Zwinkern, ein aufgesetztes Lächeln und schon ist es um das Herz geschehen. Für die restlichen Männer des Königreiches ist das weniger schön, da ihnen ständig die Frauen davonlaufen. Doch das soll sich nun ändern: Der König schickt seinen Sohn auf ein gefährliches Abenteuer, damit er noch vor seinem 21. Geburtstag die wahre Liebe findet. Helfen soll ihm dabei ein kompetenter Vasall. Was der Prinz dabei nicht ahnt: Hinter dem bärtigen Jüngling versteckt sich die Diebin Lenore, ausgerechnet die einzige Frau weit und breit, die seinem Charme gegenüber immun ist.

Klassische Märchen seien nicht mehr zeitgemäß, heißt es hin und wieder mal. Bei Disney ist man da anderer Meinung, vor allem das Prinzessinnensegment läuft nach wie vor prächtig – siehe die Live-Action-Remakes Cinderella und Die Schöne und das Biest, die zu riesigen Kassenschlagern wurden. Siehe auch die Linie Disney Princess, in der gemeinsames Merchandising zu so ziemlich jeder jungen, hübschen Maid erscheint, welche im Mäuseimperium schon einmal auf der Leinwand zu sehen war. Eigenartig eigentlich, dass so wenige versuchen, selbst ein Stück von dem dicken Kuchen abzubekommen und den Mäusen kampflos das Feld überlassen.

Es war einmal ein wenig heldenhafter Prinz …
Immerhin, mit Prinz Charming gibt es nun mal wieder einen dieser seltenen Versuche, auch wenn der ein klein wenig anders ausfällt als vielleicht gedacht. Wobei: Wenn Ross Venokur, der mit Voll auf die Nuss eine Parodie auf Heist Movies ablieferte, sich mit einem neuen Animationsfilm zurückmeldet, dann ist Humor durchaus zu erwarten. Wenn er sich dann auch noch erneut mit Produzent John H. Williams zusammentut, der schon bei Shrek damals seine Hände im Spiel hatte, dann ist es klar, dass dieses Märchen sich nicht so ganz an die klassischen Muster halten wird.

Ganz so subversiv wie die damalige Geschichte rund um den grünen Oger, der um die Gunst einer Prinzessin buhlt, ist Prinz Charming sicher nicht. Venokur fand aber doch seine Mittel und Wege, um sich etwas von der traditionellen Konkurrenz abzuheben. Gerade zu Beginn erfolgt das Abenteuer doch mit jeder Menge schönem Augenzwinkern. Ob nun Schneewittchen, Cinderella oder Dornröschen, sowohl die Märchen wie auch deren Prinzessinnen werden kräftig durch den Kakao gezogen. Gleiches gilt für die Umstände, dass am Ende immer wieder ein strahlender Prinz vonnöten ist, um die Karre aus dem Dreck zu ziehen, entgegen jeder Vernunft und Wahrscheinlichkeit.

Selbst ist die Frau … fast
Hier ist das nun anders herum. Wenn Prinz Charming mit jeder Waffe überfordert ist, auch sonst nichts auf die Reihe bekommt und nur mit Hilfe des besagten Fluches die Frauen überzeugt, dann ist das eine willkommene Umkehr der klassischen Rollenmuster. Schließlich ist es hier Lenore, die ihren Mann stehen muss – wortwörtlich. Leider verließ Venokur im weiteren Verlauf sowohl die Kreativität wie auch der Mut. Die Gags werden weniger, wiederholen sich stärker. Dass Lenore zudem letztendlich doch dem Prinzen verfällt, diesmal aber eben aus wahrer Liebe und nicht aufgrund eines Zaubers, ist dann doch ein wenig Verrat an der Idee der unabhängigen Frau.

Und auch visuell ist Prinz Charming eher gemischter Natur. Einige Einstellungen sind sehr hübsch, ein Zwischenstopp bei einem äußerst gefährlichen Volk auch interessant gestaltet. Von der technischen Brillanz der Blockbusterkonkurrenz ist der Film dennoch meilenweit entfernt. Die Designs der meisten Figuren sind langweilig, die Animationen bestehen mal wieder darin, gummiartige Arme und Beine durch die Luft flattern zu lassen. Aber auch wenn das Abenteuer nach dem starken Einstieg wieder abbaut, unterhaltsam ist es, eine willkommene Abwechslung zu sowohl den altmodischen Märchenauffassungen wie auch dem Animationseinerlei, der so häufig im Kino herrscht.



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Prinzen sind dafür da, um Prinzessinnen zu retten? In „Prinz Charming“ ist das mal anders. Die Geschichte um einen verfluchten Prinzen, der sonst nichts auf die Reihe bekommt, ist aufgrund der Umkehrung von Rollenmustern sympathisch, zumindest am Anfang auch tatsächlich witzig. Später baut der Film jedoch ab, visuell kann er es ohnehin nicht mit den Großen aufnehmen.
5
von 10