„Robin Williams: Come Inside My Mind“, USA, 2018
Regie: Marina Zenovich; Musik: Adam Dorn
Robin Williams: Come Inside My Mind ist ein intimes Porträt eines der beliebtesten und innovativsten Comedians der Welt. Der Dokumentarfilm nimmt den Zuschauer mit auf eine Reise durch das außergewöhnliche Leben des Schauspielers, von frühester Kindheit bis hin zum tragischen Tod. Seine Geschichte erzählt er dabei zum Großteil in eigenen Worten. In Kombination mit nie zuvor gesehenen Ausschnitten und neuen Interviews mit Freunden, Familie und Kollegen offenbart der Film den Funken Wahnsinn, von dem Robin Williams zeit seines Lebens angetrieben wurde.
Ein Leben auf der Überholspur
Die Regisseurin Marina Zenovich ist Spezialistin für biografische Dokumentarfilme. Nach Roman Polanski und Richard Pryor nimmt sie sich nun das Leben und Walten des gefeierten und schwer vermissten Robin Williams vor. Der traditionelle und klassische Aufbau begleitet Williams’ Leben von seinen Tagen als schüchterner Schuljunge, über seine ausgelassene Zeit an der Schauspielschule, die ersten Gigs als Stand-up-Comedian, unersättlichen Ruhm, desillusionierende Krankheit bis hin zum überraschenden Suizid im Jahr 2014. Dabei erfüllt der Film alle Erwartungen, die man als wissbegieriger Zuschauer mit ins Kino nimmt, bringt einen näher an Momente, die schon unzählige Male behandelt wurden, und schafft es, noch ein bisschen tiefer zu graben.
Am besten funktioniert die Erzählung, wenn Williams in eigenen Worten spricht. In intimen Interviewaufnahmen reflektiert er mit überraschender Ernsthaftigkeit sein abenteuerliches Leben und stellt wiederum sein Talent als großartiger Geschichtenerzähler unter Beweis. Dabei ist die Abwechslung der von ihm selbst gesprochenen Segmente in all ihrer Ruhe und Seriosität mit den originalen Ausschnitten aus unzähligen lauten und manischen Bühnenauftritten überaus erfrischend. Daneben melden sich eine Vielzahl Williams’ Bekannter, Freunde und Familienmitglieder zu Wort und bringen einen mit emotionalen Anekdoten näher an das verlorene Genie.
Ying und Yang
In den frühen 90ern wurde Williams’ zweites Gesicht, mit welchem er sich launisch, verletzlich und unsicher oder auch als Abhängiger diverser Drogen zeigte, denen er beinahe erlegen wäre, immer deutlicher und wurde schließlich ein fester Bestandteil seines öffentlichen Images. Come Inside My Mind macht sich die Balance, die Williams nicht immer halten konnte, zum Fundament der Narration. Dabei scheut sich der Film nicht davor, auch die dunkle Seite des Schauspielers zu zeigen, wenngleich dieser Anteil deutlich geringer ausfällt und damit zum größten Kritikpunkt wird. Die Auswahl der Interviewpartner, die kein negatives Wort an Williams verlieren, der strenge Fokus auf die rasanten Anfänge seiner Karriere, wie seinen Durchbruch mit Mork vom Ork, statt eines eindringlicheren Blicks auf die Zeit, in der er seine bekanntesten Hollywood-Rollen ergatterte, und deren mögliche mentale Konsequenzen, das Vermeiden der näheren Betrachtung der undurchsichtigen und komplexen Umstände seines Suizids sorgen dafür, dass die Sprünge zwischen den Haltestellen zu groß werden. Es scheint, als wäre ein Stück des roten Fadens verloren gegangen und so kommt der Tod und das Ende des sonst so detaillierten Films allzu abrupt.
Williams war mit Sicherheit eine vielschichtige Persönlichkeit, deren Gedankenfluss man als Normalsterblicher bestimmt nicht immer folgen konnte. Diese Behauptung wird gleich zu Beginn des Films in den Raum gestellt, als der Interviewer James Lipton fragt: „Do you simply think faster than the rest of us?“. Doch ein wenig mehr Risikobereitschaft zu einem kritischeren Blick und eine furchtlosere Untersuchung der „schlechten Zeiten“ hätten der Doku zu mehr Tiefe verholfen.
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