„Czlowiek z magicznym pudelkiem“, Italien/Polen, 2017
Regie: Bodo Kox; Drehbuch: Bodo Kox; Musik: Sandro Di Stefano
Darsteller: Piotr Polak, Olga Bołądź, Sebastian Stankiewicz
So richtig toll ist der Job als Reinigungskraft sicher nicht. Aber in seiner Position kann Adam (Piotr Polak) nicht wählerisch sein. Schließlich haben ihm die Männer ja geholfen, ihm die Arbeit verschafft, eine Identität, eine Wohnung. Außerdem, einen Vorteil hat es ja, jeden Tag in das Bürogebäude zu gehen: Goria (Olga Bołądź). Die ist äußerst eigensinnig und so gar nicht auf den Mund gefallen. Aber sie ist eben auch ausgesprochen attraktiv und scheint ebenso an ihm Interesse zu haben. Tatsächlich kommen sie sich eines Tages näher, vielleicht wartet da wirklich eine Zukunft auf die beiden. Wäre da nur nicht die Vergangenheit, mit der Adam immer wieder in Berührung kommt, als er in seiner Wohnung ein altes Radio findet, das ihm Einblicke in eine lange zurückliegende Zeit ermöglicht.
Science-Fiction, das bedeutet heutzutage ja meistens, entweder bis an die Zähne bewaffnete Superhelden die Welt oder gar den Weltraum retten zu lassen oder über die Rolle der Menschen in einer durch und durch technologisierten Welt nachzugrübeln. Aber es geht auch anders, es geht auch billiger. Es braucht nicht zwangsweise Effektschlachten oder hausgroße Hologramme, um eine Geschichte zu erzählen. Den Beweis liefert The Man with the Magic Box, das sich zwar durchaus an teuren und bekannten Genrekollegen orientiert, dabei aber einen eigenen Weg verfolgt.
Die Zukunft kann so einfach sein
Dass muss der Film auch, würden böse Zungen jetzt behaupten, denn richtig viel Geld stand bei der italienisch-polnischen Coproduktion offensichtlich nicht zur Verfügung. Wo in anderen Zukunftsvisionen Technologie dafür da ist, dem Publikum demonstriert zu werden, findet sie hier höchstens in der Vorstellungskraft statt. Man spart schon eine Menge an Effekten, wenn man den Protagonisten einfach nur Brillen aufsetzt und so tut, als würden sie mit diesen die virtuellen Bilder sehen, die uns andere Filme nur zu gern zeigen.
Zu sehen gibt es in The Man with the Magic Box aber schon einiges. Es ist sogar bemerkenswert, mit welchem Stilbewusstsein Regisseur und Drehbuchautor Bodo Kox hier zu Werke geht, welche minimalen Mitteln ihm ausreichen, um damit Atmosphäre zu erzeugen. Neonblau leuchtende Schuhe, eine allgemeine Blaufärbung mit viel Grau eingemischt, der Film folgt einem sehr unterkühlten Look, vergleichbar zu dem europäischen Kollegen Stille Reserven. So wie die meisten hier nicht unbedingt zu emotionalen Ausbrüchen neigen. Die Menschen der Zukunft, sie mögen es gern etwas schlichter und introvertierter. Von distanzierter ganz zu schweigen.
Eine künftige Romanze nach klassischem Vorbild
Es ist vor diesem Hintergrund, dass der 2018er Beitrag der Filmfeste filmPOLSKA und NIFFF seine Geschichte erzählt, die eigentlich zwei Geschichten sind. Die eine betrifft Adam und Goria, die so unterschiedlich sind und doch zusammenfinden. Er ruhig, zurückhaltend, vielleicht ein bisschen unterwürfig. Sie jemand, die den Raum beherrscht, noch bevor sie den Mund aufmacht. Es ist eine interessante Paarung, der man durchaus auch in einem normalen Umfeld zugeschaut hätte. In der Gegenwart, ohne futuristische Wände, die keine sind, abseits von explodieren Häusern.
The Man with the Magic Box verbindet diese Romanze aber nun mal mit einem Plot, der gleichermaßen Science-Fiction wie Mystery ist. Dass das Radio sonderbare Kräfte hat, das verstehen wir zwar recht schnell, das gibt ja auch schon der Titel vor. Was es mit diesem aber auf sich hat, wie die vergangenen und zukünftigen Szenen zusammenhängen, das wird erst spät klar. Und auch nicht völlig: Kox verzichtet darauf, zu viel an seiner Geschichte erklären zu wollen. Während das Szenario mit der Zeit klarere Umrisse annimmt, bleiben Details verschwommen, Fragen ungeklärt. Das könnte für den einen oder anderen unbefriedigend sein, wer auf einen rasanten Thriller hoffte, wird hier ohnehin nicht glücklich – dafür ist der Film zu ruhig und handlungsarm. Und doch ist er sehenswert: Wer sich auf diese eigenwillige Genremischung einlässt, einlassen kann, darf sich in dem melancholisch-mysteriösen Geheimtipp verlieren, in dem das Polen der 1950er und das von 2030 in mehr als einer Hinsicht miteinander verbunden sind und gleichzeitig auch durch die Filmgeschichte reist.
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