Ameisen sind ja für so vieles bekannt. Für riesige Kräfte, relativ gesehen zumindest, auch wenn die Legend, sie könne das 100-Fache ihres Körpergewichts tragen, so nicht stimmt. Für die Bildung von Staaten, die je nach Art mehrere Millionen Einzeltiere umfassen können. Und für eine große Anpassungsfähigkeit, die sich in der von Art zu Art sehr unterschiedlichen Nahrungsbeschaffung widerspiegelt, vom Züchten von Pilzen bis zum Raubmord anderer Arten. Eines ist jedoch weniger herausragendes Beispiel einer Ameise: Individualität. Es ist ja gerade das Zusammenspiel ganzer Horden aufeinander abgestimmter Exemplare, die die biologische Erfolgsgeschichte dieser Insektenfamilie ausmacht.
Keine Lust auf Arbeit!
Wenn Julia Ocker in ihrem Kurzfilm Ameise ein besonders eigensinniges Exemplar zeigt, das überhaupt keine Lust hat, Anweisungen zu befolgen, dann mag das pädagogisch fragwürdig sein. Spaßig ist es aber auf jeden Fall. Etwas mehr als drei Minuten dauert der Film, der mit einem bis ins Kleinste durchexerzierten Arbeitsritual beginnt. Blätter abreißen, in den Bau bringen, Wasser sammeln und anlegen, zurück hoch auf dem Baum. Bis auf eben jenes namenlose Exemplar, das von der Routine gelangweilt ein bisschen herumalbert und dabei – ungeplant – die Arbeitsabläufe noch weiter verbessert.
Der Kurzfilm, der unter anderem auf dem Internationalen Trickfilm-Festival Stuttgart 2018 lief, ist dabei bewusst schlicht gehalten. Gesprochen wird kein einziges Wort, auch die 2D-Zeichnungen sind einfach. Die Perspektive bleibt die ganze Zeit über starr, es werden nur immer wieder andere Ausschnitte des Bildes gewählt. Auch Farben werden sparsam eingesetzt. Aber das stört nicht weiter, das auf ein jüngeres Publikum ausgerichtete Ameise braucht gar nicht mehr. Ocker ist mit ihrem Mini ein süßes kleines Abenteuer gelungen, das witzig ist und nicht nur dem quiekenden Insekt Freude macht.
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