I Am a Killer
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I Am a Killer

I Am a Killer
„I Am a Killer“ // Deutschland-Release // Netflix: 3. August 2018

Manche springen vielleicht von einer Brücke oder vor einen Zug. Andere nehmen Medikamente oder andere dem Körper wenig förderliche Substanzen zu sich. Wer die Wahl hat, greift zuweilen auch zu einer Waffe. Die Möglichkeiten, sich selbst das Leben zu nehmen, die sind unendlich. Einen anderen Menschen umzubringen, mit dem Ziel dafür die Todesstrafe zu erhalten, das dürfte sicher aber zu den kuriosesten Suiziden zählen. Und zu den schrecklichsten.

I Am a Killer ist sich dessen natürlich bewusst. Ob nun der Bedarf nach Dokumentationen realer Verbrechen zugenommen hat oder dieser Bedarf nur stärker befriedigt wird, darüber ließe sich streiten. Auffällig ist aber, wie sehr gerade Netflix den Hunger des Publikums auf schaurige, der Realität entnommenen Geschichten bedient. 13. November: Angriff auf Paris zeichnete beispielsweise die terroristischen Anschläge an diesem schicksalshaften Tag nach, Evil Genius erzählt von einem Banküberfall, der gleichermaßen skurril wie perfide war.

Spurensuche in der Todeszelle
In I Am a Killer gibt es nur wenig zu lachen. Wie auch bei einer Serie, die sich in zehn Folgen ebenso vielen verurteilten Verbrechern widmet, die derzeit auf die Vollstreckung ihrer Todesstrafe warten? Das ist morbide, keine Frage. Auch der Verdacht, dass hier auf unmoralische Weise mit Elend Kasse gemacht werden soll, liegt nahe. Dieser unangenehmen Überlegungen zum Trotz ist es aber durchaus spannend und abwechslungsreich, was hier unternommen wurde.

Die Serie begnügt sich eben nicht damit, einfach nur die Verbrechen nachzuerzählen und grausige Details daraus zu teilen. Vielmehr ist I Am a Killer an den Menschen selbst interessiert. Was hat sie dazu veranlasst, diese Leute zu töten? Wie konnten sie auf eine derart schiefe Bahn geraten? Aber auch: Wie gehen sie damit um, einem anderen das Leben genommen, dessen Umfeld soviel Leid beigefügt zu haben?

Faszination mit Schönheitsmakeln
Die Antworten fallen hierbei sehr unterschiedlich aus. Ein besonders verstörender Fall berichtet davon, wie aus religiösen Überzeugungen Morde begangen wurden – der Teufel hatte seine Hände mit ihm Spiel. Mal war der Mord die Folge ganz gewöhnlicher Eifersucht. Wieder ein anderer Fall erzählt die an und für sich tragische Geschichte, wie Verzweiflung und ein unglückliches Aufeinandertreffen zu dem blutigen Ende führte. Der Fokus liegt dabei ganz klar auf den Verbrechern selbst, auch wenn Familie und Freunde noch ein paar liebe und traurige Worte für die Verstorbenen mitgeben dürfen.

Dann und wann drängt sich der Eindruck auf, dass zum Zwecke der Figurenzeichnung die Verbrechen etwas zu stark relativiert werden. Dass das prinzipiell begrüßenswerte Anliegen, einem Mörder nicht sein Menschsein abzusprechen, etwas übertrieben wurde. Rein formal ist die Abfolge von Gesprächen im Gefängnis und sonstigen Interviews ohnehin nicht sehr aufregend – daran ändern auch die gelegentlich eingeblendeten Zwischensequenzen nichts. Wer über solche Mängel hinwegsehen kann und selbst eine Vorliebe für solche Crime-Dokus hat, der findet hier eine, die über das übliche Verbrechensporträt hinaus noch eine selten gesehene menschliche Komponente hat.



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Zu Besuch bei zehn zum Tode verurteilten Mördern: „I Am a Killer“ ist morbide, moralisch fragwürdig, aber doch auch spannend. Die Dokuserie versucht die Menschen hinter den Verbrechern zu finden, was formal etwas eintönig ist, aber doch eine interessante Alternative zu den üblichen Crime-Dokus darstellt.