Das reale Leben der Teenagerin Barbara Thorson (Madison Wolfe) ist alles andere als imposant. Sie wird gern von anderen belächelt, allein schon für ihre seltsamen Hasenohren, manchmal sogar gemobbt. Und auch daheim läuft es nicht so toll, immer wieder kommt es zu Konflikten mit ihren Geschwistern. Dabei hat sie doch viel Wichtigeres zu tun, als sich um solche Kleinigkeiten zu kümmern: Fürchterliche Riesen sind auf dem Weg, um die Menschheit zu vernichten, und nur sie kann die Monster noch aufhalten! Immerhin hat sie seit Kurzem Hilfe dabei, schließlich ist Sophia (Sydney Wade) neu an der Schule und sucht Anschluss. Doch auch für sie ist es nicht immer einfach, mit den Eigenheiten von Barbara klarzukommen.
Offensichtlich sind die Gemeinsamkeiten zwischen I Kill Giants und Sieben Minuten nach Mitternacht natürlich schon. So offensichtlich, dass kaum eine Rezension darauf verzichtet, auf diese aufmerksam zu machen. Ein junger Mensch, der mit der Welt hadert, gerade auch mit familiären Problemen und Mobbing an der Schule. Schreckliche Riesen, die durch die Welt laufen, aber nur von den Protagonisten gesehen werden können. Und doch wäre es nicht ganz fair, Barbaras monströsen Abenteuer als reinen Abklatsch abzutun. Zunächst einmal ist ihre Vorlage, der gleichnamige Comic, um einige Jahre älter als der Roman, der bei den Kollegen adaptiert wurde. Vor allem aber ist die Hauptfigur ganz anders, trotz einer teilweise recht ähnlichen Situation.
Ich kämpfe mit jedem!
War Collon noch ein sehr zurückhaltender Junge mit wenig Selbstbewusstsein, der sich von allen herumschubsen lässt, ist Barbara das Gegenteil. Sie nimmt es mit jedem auf, greift nicht nur Riesen an, sondern beschimpft auch Lehrer und leistet selbst gegen die älteren Mobbingmitschüler einen beachtlichen Widerstand. Wenn es jemand schafft, sich in dieser Welt durchzusetzen, alles und jeden zu besiegen, dann sie. So scheint es zumindest, so denkt sie auch. Dass das nicht die ganze Wahrheit ist, mehr hinter ihren seltsamen Fantasien steckt, das ahnt man zwar. Aber es bleibt eine diffuse Ahnung.
Eine der Stärken von I Kill Giants ist dann auch, dass man eben doch wissen will, welches Geheimnis da in den Wäldern lauert. Was genau Barbara dazu veranlasst, seltsamen Ritualen nachzugehen und von unglaublichen Apokalypsen zu reden. Aber es macht auch so Spaß, der Nachwuchsschauspielerin Madison Wolfe zuzusehen, wie sie durch die Natur streift, irgendwelche Sachen aufsammelt und miteinander kombiniert. Zwischendurch auch mal der älteren, nicht unbedingt reiferen Taylor (Rory Jackson) richtig Kontra geben.
Schön simpel
Das Jugenddrama, welches 2017 auf dem Toronto International Film Festival Premiere feierte, sieht dabei auch recht gut aus. Die Spezialeffekte, gerade die der Riesen können sich sehen lassen, auch wenn sie sich nicht zu weit von dem Bekannten weg wagen. Im Vergleich zu Sieben Minuten nach Mitternacht zieht man hier dann doch recht eindeutig den Kürzeren, mit den kunstvollen, stilistisch sehr abwechslungsreichen Animationsszenen kann es das Grau in Grau hier nicht aufnehmen. Aber auch inhaltlich fällt I Kill Giants simpler aus, der Verzicht auf Zwischenfarben, gerade im moralischen Bereich, ist da doch zu deutlich, die meisten Figuren sind eher nichtssagend.
Aber es ist ein schöner Film, den Regisseur Anders Walter und Joe Kelly, der als Drehbuchautor seinen eigenen Comic adaptiert, da abgeliefert haben. Einfühlsam, aber ohne großen Kitsch nehmen sie das Publikum mit auf eine Reise in ein Land, das gleichzeitig vertraut und fantasievoll ist. Erzählen von den Kämpfen, die wir auszutragen haben, daheim, in der Schule, in den Wäldern. Machen auch Mut, sich eben diesen Kämpfen zu stellen, sich den Ängsten zu stellen, die wir verstecken. Und dem Abenteuer Leben – auch ohne Hasenohren, riesige Hämmer und magische Runen.
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