Im Leben von Eli (Myles Truitt) geht es gerade so richtig drunter und drüber. Was vor allem an Jimmy (Jack Reynor) liegt. Denn der wurde vor Kurzem aus dem Knast entlassen und tauchte im Anschluss bei Hal (Dennis Quaid) auf, seinem Vater und Elis Adoptivvater. Seither hängt der Haussegen schief. Als sich der Ex-Knacki ungewollt auch noch mit dem Gangsterboss Taylor Balik (James Franco) anlegt, kommt es zur Katastrophe und die beiden Brüder müssen versuchen, möglichst schnell möglichst weit zu kommen. Dabei kommt ihnen eine ebenso mächtige wie rätselhafte Waffe zugute, welche der Junge zuvor in einem abgesperrten Gebiet entdeckt hat.
Eines muss man Kin ja lassen, der Film wirft so manche Frage auf, die auch nach dem Abspann nicht aus dem eigenen Kopf verschwinden will. Die wohl wichtigste davon: Was zur Hölle war das eben? Es ist noch nicht einmal so, als würde der Action-Sci-Fi-Thriller große Gehirnaktivitäten vom Publikum einfordern, mit komplexen Gedankenkonstrukten Grenzen infrage stellen. Er stammt zwar von derselben Produktionsfirma, die auch Arrival finanzierte, wie das Plakat stolz verlauten lässt. Gemeinsamkeiten gibt es aber kaum, vom Sci-Fi-Genre mal abgesehen. Nein, Kin ist ein dummer Film. Das jedoch auf eine Weise, die immerhin überrascht.
Langsamkeit im Schnellformat
Zunächst einmal gibt es aber nur die Standardkost. Zwei Brüder, die recht offensichtlich nicht viel gemeinsam haben, von einer etwas laxeren Einstellung zu Besitzverhältnissen vielleicht einmal abgesehen, müssen sich zusammenraufen. Das tun sie natürlich auf der Straße, an Bord ihres Autos. Denn lange gemeinsame Autofahrten sind prädestiniert dazu, sich gegenseitig kennenzulernen, ob man das nun möchte oder nicht. Grundsätzlich ist das also eine recht bekannte Strecke, die Kin zurücklegt. Bemerkenswert ist jedoch, wie wenig sich der Film dafür interessiert. Die Annäherung der zwei findet praktisch unter Ausschluss des Publikums statt, sieht man einmal von dem Ausflug in ein Striplokal ab.
Womit wir beim nächsten Klischee wären: die Hure mit dem Herz aus Gold. Die ist zwar keine wirkliche Hure, sondern zieht sich nur für Geld aus, wie Milly (Zoë Kravitz) betont. Es läuft aber auf dasselbe hinaus. Für die Geschichte der beiden Brüder hat sie ohnehin keine wirkliche Relevanz, ebenso wenig für die anderen Handlungsstränge. Sie ist wohl einfach nur da, weil Jonathan und Josh Baker, die ihren eigenen Kurzfilm auf Spielfilmlänge ausbreiten, der Ansicht waren, etwas nacktes Frauenfleisch könne nicht schaden. Das und mächtige Wummen.
Die eigenartige Waffe, die Elis den Film über mit sich herumschleppt, ist noch der spannendste Teil von Kin. Nicht, weil sie auf einfallsreiche Weise eingesetzt würde. Jeder Konflikt endet hier damit, dass einfach etwas in die Luft fliegt. Geht auch, spart Zeit beim Drehbuchschreiben. Ist nur nicht gerade aufregend. Ein Aufreger ist aber, wie wenig dieses Element ein Element der Geschichte ist. Denn über die meiste Zeit hätte die Waffe auch weg sein können, ohne dass es einen Unterschied gemacht hätte. Genauer ist das komplette Science-Fiction-Szenario überflüssig, wurde irgendwie völlig vergessen.
Ich hätte hier noch was …
Erst zum Ende hin erinnert sich der Film daran: Stimmt, da war ja was. Und es ist eben diese Auflösung, die einen auch dann noch ungläubig in Richtung Leinwand starren lässt, selbst nachdem auf dieser gar nichts mehr zu sehen ist. Nicht nur, dass diese ein völliger Fremdkörper ist, so als ob man versehentlich die Blätter zweier verschiedener Drehbücher zusammen abgeheftet hat. Sie endet auch noch im Nirgendwo, erinnert mehr an die Pilotfolge einer Serie als an ein in sich geschlossenes Werk. Und diese Art Dreistigkeit, die muss man erst einmal aufbringen.
Sollte es wieder Erwarten zu den hier angelegten Fortsetzungen kommen, so ist Kin kein Empfehlungsschreiben, sich diese anzuschauen. Einige sehenswerte Punkte gibt es sicherlich. Die abgesperrte No-Go-Area ist schön heruntergekommen. Jack Reynor (Detroit) als einfach gestrickter Verlierer-Bär, der nicht ganz verkehrt ist, aber alles verkehrt macht, das lässt man sich gefallen. James Franco als furchtbar böser Gangster ist zumindest unfreiwillig komisch in seiner übertriebenen Art, erinnert an seinen Auftritt in Spring Breakers, nur mit fehlgeleitetem Ernst. Vor allem aber ist das hier hörenswert. Der Score der schottischen Post Rocker Mogwai ist atmosphärisch, der Sound Design ist ebenfalls gut. Von dem Film lässt sich das aber nicht behaupten, der allenfalls in seinen trashigen Momenten unterhält.
OT: „Kin“
Land: USA
Jahr: 2018
Regie: Jonathan Baker, Josh Baker
Drehbuch: Daniel Casey
Musik: Mogwai
Kamera: Larkin Seiple
Besetzung: Myles Truitt, Jack Reynor, James Franco, Zoë Kravitz, Dennis Quaid
Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.
(Anzeige)