In ihrer Fantasie, da ist fast alles möglich. Nur das mit dem Umsetzen, das ist dann doch weniger das Ding von Lara Jean (Lana Condor). Wenn sie etwa verliebt ist, dann schreibt sie ihrem Schwarm lange Liebesbriefe, ohne jedoch je einen davon wegzuschicken. Aktuell ist es Josh Sanderson (Israel Broussard), mit dem sie schon ewig befreundet ist, für den sie inzwischen aber tiefere Gefühle hegt. Gefühle von denen jedoch nie jemand unter keinen Umständen erfahren darf, umso mehr da Josh mit ihrer älteren Schwester Margot (Janel Parrish) zusammen ist. Doch dann entschließt sich Lara Jeans jüngere Schwester Kitty (Anna Cathcart), die Briefe zu verschicken – heimlich und alle gleichzeitig. Für die Teenagerin bedeutet das Chaos pur, da nicht nur Josh, sondern auch Peter Kavinsky (Noah Centineo) von ihren Gefühlen erfährt. Wie soll sie ihnen das nur alles erklären?
Liebe ist oft ein wenig kompliziert: Sich der eigenen Gefühle bewusst sein, die der anderen erkennen, offen über beides miteinander zu reden. Und das ist nur der Anfang. Viele Teenieromanzen, zumindest solche in Filmen, handeln von genau diesem Anfang. Handeln von Jugendlichen, die nicht so recht wissen, wie sie mit der Situation umgehen sollen, wenn da auf einmal etwas in einem vorgeht. Das ist dann meist nichts Ungewöhnliches, soll es aber auch gar nicht sein: Das Universelle sorgt dafür, dass die Zielgruppe möglichst groß ist, Gleichaltrige sich hierin wiederfinden können, Bestätigung finden, vielleicht auch Trost finden.
Das Geschäft mit der Unsicherheit
Das wissen natürlichen auch die Verantwortlichen von Netflix. Und so sorgt der Streamingdienst auch kontinuierlich für Nachschub in diesem hart umkämpften, dafür lukrativen Segment. The Kissing Booth wurde auf diese Weise einer der erfolgreichsten Filme dieses Jahres für die Amerikaner. Andere Versuche gingen etwas unter, darunter die an und für sich charmanten Kollegen Candy Jar und Alex Strangelove, die verflixte Gefühle mit reichlich Humor vermischten.
To All the Boys I’ve Loved Before ist da ganz ähnlich, zumindest anfangs. Wenn sich Lara Jean in ihren Tagträumen verliert und imaginäre Gespräche mit ihren Schwärmen führt, dann ist das irgendwie putzig, ein klein wenig erbärmlich und eben unterhaltsam. Die Situation, dass sie sich auf einmal gleich fünf Jungs gegenüber rechtfertigen soll, warum sie Gefühle für sie hat, zum selben Zeitpunkt auch noch, die ist originell. Ein Schlamassel, über den man gerne lacht, da er einen ja selbst glücklicherweise nicht betrifft. Und da Lara Jean nun einmal nicht der kompetenteste oder selbstbewussteste Mensch auf dieser Welt ist, wird das Chaos mit der Zeit immer größer statt kleiner.
Darüber möchte ich jetzt nicht reden
Glaubwürdig ist das natürlich weniger. Der eine oder andere im Publikum könnte auch entnervt mit den Augen Rollen: Die meisten blöden Situationen, die in To All the Boys I’ve Loved Before entstehen, tun das aufgrund der fehlenden kommunikativen Kompetenz. Vieles hier wäre schnell aus der Welt geräumt, wenn nur einer zur Abwechslung mal den Mund aufmachen würde und die Situation erklärt. Vorbildfunktion? Die hat hier keiner. Oder auch Mut. Stattdessen lassen sie sich auf absurde Spielchen ein, stehen sich selbst im Weg, bauschen alles unnötig auf und schaffen so Probleme, die keine sind.
Wirklich bedauerlich sind aber nicht diese Unzulänglichkeiten, sondern dass die Adaption des gleichnamigen Romans von Jenny Han auch eigene Stärken unnötig sabotiert. War der Anfang noch ungewöhnlich und auf sympathische Weise versponnen, hält sich der Film später dann doch lieber an die altbekannten Situationen. Wann hier wer zusammenfindet, wo es zu dramatischen Zuspitzungen und Missverständnissen kommt, das ist alles vorher schon festgelegt, To All the Boys I’ve Loved Before verkümmert zu einer Teenieromanze wie so viele. Und doch gehört sie zu den besseren, auch der Darsteller wegen. Gerade Lana Condor in der Hauptrolle als unsichere Fantastin ist eine echte Entdeckung, auch der restliche Cast geht mit sehr viel Charm zur Sache und gleicht die zum Teil zu sehr an Schablonen festgemachten Charaktere wieder aus. Und auch der Humor sowie eine kurze, dafür schöne Szene, wenn an öffentlichen Masken gezerrt wird, tragen dazu bei, dass diese Liebesgeschichte sympathischer ist als viele andere.
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