Politische Ambitionen hatten die Brüder Gijs (Jacob Derwig) und Walraven van Hall (Barry Atsma) nicht gerade. Sie waren Banker, mehr wollten sie gar nicht sein. Als die Niederlande 1940 jedoch von Nazideutschland erobert und besetzt wird, die Unterdrückung immer heftigere Formen annehmen, sehen sie sich gezwungen zu handeln. Als Teil des Widerstands beginnen sie eine Bank zu leiden, die Notleidende unterstützt, aber auch Streiks und Ausrüstung finanziert – mit Hilfe eines ausgeklügelten Betrugs. Doch die Aktivitäten bleiben nicht lange geheim, die Deutschen sind der Sache bereits auf der Spur und suchen fieberhaft nach den Hintermännern.
Auch mehr als 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs werden Filmemacher nicht müde, immer neue Geschichten über die damalige Zeit zu erzählen. Meistens dreht es sich dabei natürlich um die großen Kriegsmächte, um Deutschland und die USA, um Russland und England. Auch Frankreich und Polen stehen uns in der Hinsicht nahe. Die Niederlande jedoch, die werden bei der Retrospektive oft übersehen. Aus gutem Grund. Man war so von dem Angriff überrascht worden, dass es praktisch keine Gegenwehr gab. Anders als in Frankreich kam es aber auch nicht zu einem größeren Widerstand. Man arrangierte sich mit der Situation, wartete und hoffte, dass es irgendwann vorbei ist.
Zu Besuch im niederländischen Untergrund
Allein deshalb schon ist Der Bankier des Widerstands eine recht spannende Angelegenheit, gibt der Film doch einen seltenen Einblick in die Untergrundaktivitäten. Dabei stehen aber eben nicht Soldaten im Mittelpunkt, keine bis an die Zähne bewaffneten Kämpfer, die sich Straßenschlachten liefern oder Anschläge verüben. Die Waffen dieser Helden sind Zahlen, sind Papiere, sind der eigene Verstand, der sich Systeme ausgedacht hat, um mitten im Krieg Geld aufzutreiben. Wenn den Brüdern das gelang, dann war das eben nicht nur ein Triumph von gut über böse, sondern auch von Geist über brutale Gewalt.
Das ist natürlich eine schöne Streicheleinheit für die niederländische Seele, weshalb Der Bankier des Widerstands dort mit 300.000 Besuchern auch ein größerer Kinoerfolg wurde. Hierzulande bleibt der Ausflug auf die Leinwand vorenthalten, stattdessen schnappte sich Netflix die Lizenz zum Gelddrucken. Dabei hat das Drama optisch durchaus genug zu bieten, dass man es sich auch ein wenig größer anschauen würde, die Ausstattung ist ganz ordentlich geworden. Kampfeinheiten braucht sich hier hingegen keiner zu erwarten, die Spannung besteht mehr in der Neugierde – zumindest bei Zuschauern, die nichts über die Brüder wissen –, ob der Plan aufgeht.
Eile mit Weile
Dabei spannt einen Regisseur Joram Lürsen schon recht lange auf die Folter: Der Bankier des Widerstands ist nicht nur des Themas wegen zwangsweise wenig actionreich. Der Niederländer lässt es auch sehr langsam angehen. Das eigentliche Thema der Finanzgeschäfte kommt sogar vergleichsweise kurz, ein Großteil der zwei Stunden ist eher den Figuren und der allgemeinen Situation gewidmet. Das ist verständlich, denn Zahlenschieben ist nun einmal wenig sexy. Und doch schwirrt einem zwischendurch der Gedanke durch den Kopf, dass der Film gerne etwas anderes gewesen wäre.
Das fällt gerade zum Ende hin auf, wenn Der Bankier des Widerstands auf eine wenig überzeugende Weise melodramatisch wird, Szenen zusammenschneidet, die nichts miteinander zu tun haben, angefeuert von schwülstiger Musik. Aber auch sonst ist das Drama manchmal etwas umständlich erzählt. Dennoch, sehenswert ist der Film, und sei es nur als Geschichtsstunde. Wer historische Kriegsgeschichten mag und nichts gegen ein wenig patriotisch gefärbten Pathos einzuwenden hat, der bekommt hier adäquaten Nachschub.
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