Bekannt ist er ja, der Münchner Modemacher Rudolph Moshammer (Thomas Schmauser). Die Einnahmen aus seinem Modegeschäft lassen jedoch zu wünschen übrigen, zumindest aus Sicht seiner Investoren Gerdi (Sunnyi Melles) und Toni (Hanns Zischler). Für die steht fest: Entweder schafft es der Mosi, neue und zahlungskräftigere Kunden an Land zu ziehen, oder die beiden sehen sich gezwungen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Ein bisschen frisches Blut bräuchte der Laden, hübsche, junge Mädchen. Moshammer hat dafür auch tatsächlich jemandem im Auge, die unbedarfte Eva-Maria (Lena Friederike Urzendowsky). Das wiederum sieht Mama Moshammer (Hannelore Elsner) gar nicht gern. Denn im Leben ihres Sohnes ist nur Platz für eine Frau: sie.
Die groteske schwarze Perücke, der zurecht gemachte Yorkshire Terrier namens Daisy, die etwas eigenwillige Weise zu sprechen – Rudolph Moshammer war eine Erscheinung, die einem auch dann vertraut war, wenn man so gar keinen Bezug zu der Modewelt hatte. Denn der Münchner Designer wusste, wie man auffällt. Selbst sein Tod war ein Fall für die Schlagzeilen und wurde auch ausgiebig von der Presse behandelt. Wie oft kommt es schließlich schon vor, dass Prominente von bezahlten Sexualpartnern erdrosselt werden?
Gemeinsamkeiten rein zufällig
Der große Rudolph interessiert sich jedoch nicht für den Tod des farbenfrohen Modemachers. Der Film interessiert sich aber ebenso wenig für dessen Leben. Der TV-Film, der auf dem Filmfest München 2018 Premiere feierte und nach diversen anderen Festivalauftritten nun im Fernsehen läuft, nimmt lediglich die bekannte Figur und dessen Mutter und erfindet völlig frei eine Geschichte drumherum. Sollten Freunde des gepflegten Promiklatsches also daran verzweifeln, die Leute aus dem vornehmen Umfeld nicht zuordnen zu können, der sei beruhigt: Ist alles nicht echt.
Genau darüber macht sich der Film aber auch lustig. Vergleichbar zu Kir Royal und diversen anderen Produktionen soll mit Der große Rudolph die Münchner Schickeria aufs Korn genommen werden. Die Liebe zum großen Schein, die Kombination aus Bussis und Dolchstößen in den Rücken, Menschen, die für Ruhm, Ansehen und Geld alles tun. Ebenso für die Möglichkeit, sich im Glanz der Mächtigen zu sonnen. Das ist teilweise amüsant, etwa wenn Robert Stadlober (Mackie Messer – Brechts Dreigroschenfilm) in einer Doppelrolle als beeinflussbare adlige Zwillinge auftritt. Es fehlt jedoch der letzte Biss, der eine solche Satire auszeichnen sollte.
Das große Herz hinter der Perücke
Interessanter ist ohnehin die Figur des Rudolph Moshammers selbst. Zwar wird Alexander Adolph, der hier Regie führte und das Drehbuch schrieb, nicht müde, die exzentrischen Seiten Moshammers hervorzukehren. Er macht sich über ihn jedoch nicht lustig. Im Gegenteil: Auch wenn andere ihn beeinflussen wollen, er lässt sich nicht so leicht überreden, bleibt seinen Prinzipien treu, schafft es sogar die anderen vorzuführen. Denn intelligent ist er ja schon, der Moshammer. Durchschaut deren Spielchen, weiß wie er selbst andere manipuliert.
Vor allem aber hat er ein gutes Herz: Wenn Eva-Maria, kurz Evi, in seine Welt tritt, dann dient das natürlich auch als Identifikationsfigur, durch die das Publikum Einblicke in die Welt der Reichen und Hässlichen erhält. Der große Rudolph hat aber auch ihr jede Menge mitzugeben für den weiteren Weg. Du kannst alles sein, was du willst, lautet eine der Lehren, die sie aus der Zeit zieht. Du musst es nur entsprechend verkaufen. Das hat schon ein bisschen was von einer Cinderella-Story, gerade auch wenn die Jugendliche in ein Prinzessinnenkleid gestopft wird. Die Belohnung für die Verwandlung ist hier jedoch kein Traummann und Reichtum, sondern Selbstbewusstsein und Unabhängigkeit – was dem Film doch so manchen Sympathiepunkt einbringt.
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