Es ist ein ebenso verlässliches wie grausames Ritual: Jedes Jahr wird zur Hopfenzeit eine entstellte Frauenleiche entdeckt. Und so sind die Kommissare Micha Oberländer (Matthias Koeberlin) aus Lindau und Hannah Zeiler (Nora Waldstätten) aus Bregenz nicht wirklich überrascht, als sie auch eine vierte Tote finden. Nur irgendwas stimmt nicht mit dieser. Es mögen nur Details sein, die sich unterscheiden. Dennoch steht schnell der Verdacht im Raum, dass es sich um einen Trittbrettfahrer handeln könnte, der den Serienmörder lediglich nachahmt. Und noch etwas liegt Oberländer schwer auf der Seele: Tobias Vogel (Alexander Khuon), ein Freund aus Jugendtagen, vermisst seine Frau. Reiner Zufall? Oder hängen die beiden Fälle doch irgendwie zusammen?
Ziemlich genau vier Jahre ist es inzwischen her, dass die Kommissare Oberländer und Zeiler erstmals gemeinsam auf Mörderjagd gingen. Nach so einer langen Zeit ist es verständlich, dass vieles zum Alltag geworden ist, man hat sich aneinander gewöhnt hat. Lebte Die Toten vom Bodensee damals noch von dem starken Kontrast zwischen den beiden Polizisten – er ein herzlicher Chaot, sie eine unterkühlte Ordnungsseele –, ist davon im nunmehr siebten Teil nichts mehr zu spüren. Klar darf er immer noch etwas emotionaler sein, aber man hat sich angeglichen und irgendwo auch angefreundet. Wie es bei solchen Geschichten üblich ist.
Lassen wir die Vergangenheit ruhen
Und noch etwas hat sich verändert: Verbanden die vorherigen Teile immer einen aktuellen Fall mit Zeilers Versuchen, ihrem Kindheitstrauma auf die Spur zu kommen, so ist das Thema nun zu den Akten gelegt. Nur kleine Szenen erinnern daran, welche Abgründe die Österreicherin zuvor erkunden musste. Die Entscheidung, diese beiden Serienbestandteile aufzugeben, das ist mutig. Vielleicht sogar riskant, schließlich bedeutet das, sich von den Alleinstellungsmerkmalen zu verabschieden, welche die Reihe bislang prägten.
Das Ergebnis ist dann auch ein bisschen zwiespältig. So schön es ist, dass die Reihe sich nun nicht mehr an diesen Elementen festhalten, sondern als eigenständiger Krimi überzeugen will, ein bisschen beliebig ist Die vierte Frau dadurch schon geworden. Dass es sich beispielsweise um eine Zusammenarbeit von deutschen und österreichischen Behörden handelt, das spielt hier keine Rolle mehr. Der Ort ist ebenso austauschbar geworden wie die Kooperation selbst, die Geschichte ließe sich ohne Probleme in jede andere Krimireihe übertragen – egal, wo diese spielt und wer ermittelt.
Viele Wendungen auf der Suche
Glücklicherweise ist die Geschichte dafür recht gut geworden. Wo die ersten Filme noch mit wenig spannenden Kriminalfällen zu kämpfen hatten, hat Drehbuchautor Timo Berndt – seit dem dritten Teil Stille Wasser an Bord – hier doch einiges dafür getan, dass man als Hobbydetektiv ein bisschen spekulieren und rätseln darf. Einiges wird ziemlich früh verraten, etwas zu früh sogar, andere Wendungen kommen hingegen überraschender. Was auch damit zusammenhängt, dass gleich mehrere Personenkreise irgendwie verwickelt sind. Zum Ende wird zwar auf wenig elegante Weise Spannung erzeugt, Krimifans kommen dennoch auf ihre Kosten.
Weniger gelungen sind hingegen die Versuche, Oberländers privaten Probleme in den Fall einzufügen. Zwar gehören auch die zum Standardrepertoire der Reihe. Sie scheinen hier aber nur noch ungeliebte Pflichtelemente zu sein, auf die keiner mehr wirklich Lust hat und die entsprechend lieblos eingebaut wurden. Aber vielleicht wird ja auch diese Altlast demnächst entsorgt, zwei weitere Teile sind ja bereits in Planung. Man darf also gespannt sein, welche Pläne man für Die Toten vom Bodensee noch hat nach diesem zumindest in Teilen überzeugenden Neustart.
(Anzeige)