Wenn es einen Traum im Leben von Kevin Crawford gibt, dann den: Er möchte Polizist werden! Sein Vater Randall, der das Police Department in der Kleinstadt Paradise leitet, ist jedoch strikt dagegen. Zum einen, um seinen Sohn vor den Gefahren da draußen zu schützen. Vor allem aber, um sich selbst zu schützen, denn ein lang zurück liegender, Kevin geschuldeter Vorfall weckt noch immer schmerzliche Erinnerungen. Andererseits ist die Stadt chronisch pleite, weshalb auch die Polizei nur die billigsten und unfähigsten Kräfte einstellen kann. Wie schlimm kann da einer mehr schon sein? Antwort: ziemlich. Gleich bei seinem ersten Einsatz richtet Kevin jede Menge Chaos an, kommt aber zugleich auch einem geheimen Drogenring auf die Spur.
Netflix und Animation ist ja so eine Sache. Während der Streamingdienst ständig Nachschub produziert und man ihm dankbar dafür sein darf, dass er überhaupt als einer der wenigen eine ältere Zielgruppe bedient, so ist das Ergebnis doch von einer sehr schwankenden Qualität. Wirkliche Spitzentitel wie Devilman Crybaby sind selten. Stattdessen trifft man sich meistens im Mittelfeld, wie etwa Matt Groenings Comebackversuch Disenchantment. Titel, die ihre Stärken haben, sie aber zu selten zu nutzen wissen. Das gilt auch für die neu gestartete Serie Paradise PD. Mit einem Unterschied: Sie ist sehr viel schlechter.
Sex, Drugs and Blood
Gemeinsam mit dem obigen entzauberten Zauberland hat die Geschichte um Kleinstadtpolizisten die Vorliebe für derben Humor. Die Serie beginnt mit einer Sexszene, die ausgesprochen blutig endet. Und das sind dann auch die beiden Zutaten, welche die zwei Serienschöpfer Waco O’Guin und Roger Black ausgiebig verwinden: Sex und Gewalt. Keine der zehn Folgen möchte darauf verzichten, irgendwelche Extremitäten abzuschneiden, nackte Menschen zu zeigen oder sexuelle Praktiken zur Sprache zu bringen. Und auch Drogen werden ausgiebig verwendet. Vor allem der sprechende Polizeihund Bullet hat doch eine große Vorliebe für Mittelchen jeglicher Art, gerne aus der eigenen Asservatenkammer.
Da ließe sich thematisch natürlich eine Menge rausholen. Korruption zum Beispiel. Eine chronische Unterversorgung der Polizei. Auch schlecht ausgebildete Polizisten, die mangels Erfahrung lieber erst einmal schießen, bevor sie eine Frage stellen, sind naheliegend. Paradise PD spricht das durchaus alles an, hat aber so gar kein Interesse daran, die Themen irgendwie relevant zu verwenden. Hin und wieder gibt es zwar kleinere Versuche. Aber die sind letztendlich so zahm, gerade bei einer Serie, die ja mit Schockhumor arbeitet, dass man sie auch gleich hätte weglassen können.
Kuckt mal, ein Schwanz!
Wie viel man der Serie abgewinnen kann, hängt letztendlich von den eigenen Vorstellungen ab, was lustig ist und was nicht. Wer beispielsweise der Ansicht ist, dass pupsende Nicht-Rentner lustig sind, Nahaufnahmen von Arschlöchern oder Männer, denen Brüste wachsen, der hat eine Menge zu tun. Und zumindest manchmal bewegt sich Paradise PD auch in unerwartet absurde Richtungen. Allerdings neigt die Serie auch dazu, solche Witze wirklich zu Tode zu reiten und entsprechend schnell zu langweilen. Wie diverse andere Netflix-Komödien auch (The Package, Game Over, Man!) verlässt sich diese darauf, dass schon die bloße Erwähnung von Sperma oder Geschlechtsteilen das Publikum unterhält, mehr Arbeit wollten die immerhin acht Autoren der zehn Folgen nicht investieren.
Optisch begnügte man sich ohnehin mit dem allernötigsten. Die Animationen sind einen Schritt vom Stillstand entfernt, es gibt keine nennenswerten Hintergründe oder interessante Figurendesigns. Auch Effektspielereien braucht hier keiner zu erwarten, von Abwechslung ganz zu schweigen: Paradise PD ist eine dieser typischen TV-Billigproduktionen, die keinerlei Ambitionen verfolgen – weder inhaltlich noch künstlerisch. Wer diese gar nicht braucht und nicht genug bekommen kann von Sex-, Furz- und Gewaltwitzen, kann zumindest mal reinschauen, die erste Folge ist recht repräsentativ für das, was folgt. Erwachsen ist das hier aber nicht, auch nicht schockierend, nicht einmal wirklich peinlich oder trashig. Stattdessen gibt es Fast-Food-Humor, der schon zu lange rumgereicht wurde, um noch nach irgendetwas zu schmecken. Da helfen auch die gelegentlichen Anspielungen auf die kaputte US-Medienlandschaft oder bekannte Leute nicht mehr.
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