Zwei Jahre mögen seither vergangen sein, aber noch immer ist Finn (Daniel Littau) nicht über den Tod seines Bruders hinweg. Der war schon auf dem Weg der Besserung, als er im Krankenhaus behandelt wurde. So hieß es. Doch dann starb er und damit seine Familie, die den Verlust bis heute nicht verarbeitet hat. Für Finn steht fest, dass mehr hinter der Geschichte steckt, umso mehr, da sich alle in Stillschweigen hüllen. Aber was soll er schon tun? Als er eines Tages den betrunkenen Chefarzt Ben Eisenberg (Sven Martinek), der Finn damals operierte, im Taxi mitnimmt, kommt ihm ein schrecklicher Verdacht, was damals wirklich geschehen sein könnte. Und er will nicht eher Ruhe geben, bis er der Sache auf den Grund gegangen ist – egal, was es erfordert.
Dass das mit der Filmförderung in Deutschland ein ganz eigenes Thema ist, das können die meisten bestätigen, die sich auf diese Weise ihr Projekt finanzieren wollten oder sich mit Filmemachern mal dazu ausgetauscht haben. Warum das eine Werk förderungswürdig ist, das nächste nicht, das ist und bleibt eines der großen Rätsel der hiesigen Unterhaltungsbranche. Als sich Daniel Littau und Andreas Olenberg nach diversen Kleinfilmen den Traum vom Spielfilm erfüllen wollten, mussten sie sich deshalb anderweitig behelfen. Mit Crowdfunding zum Beispiel. Mit kostenlosen Hotelübernachtungen. Mit Mamis und Omis, die das Catering übernahmen.
Balance zwischen Drama und Thriller
Dabei ist der Film gar nicht so schrecklich anders als die, die sonst gefördert und gezeigt werden. Eine Ausstrahlung im TV-Abendprogramm ist hier ebenso vorstellbar wie ein Auftritt in der Deutschland-Sektion des Filmfests Münchens. Stattdessen wagt man sich gleich an einen richtigen Kinostart. Das ist durchaus ambitioniert, angesichts eines Woche für Woche ohnehin schon überlaufenen Marktes, der mehr Verlierer als Gewinner kennt. Andererseits: Vergleichbare Filme sieht man nicht so wahnsinnig oft auf der großen Leinwand.
Phantomschmerz wandelt dabei immer wieder zwischen Drama und Thriller umher. So wird gerade zu Beginn viel Zeit dafür angewendet, um Finn und seine traurige Vorgeschichte zu erläutern. Und auch später handelt der Film vorrangig davon, wie Menschen mit Schmerzen und traumatischen Erfahrungen umgehen, wie sie mit Schuld umgehen. Das sind insgesamt auch die überzeugenderen Szenen, da sie doch sehr schön verdeutlichen, wie Leute Gefangene ihres Schmerzes werden können.
Die schnelle Suche nach der Lösung
Die Ermittlung an sich wird im Vergleich eher vernachlässigt. Es stehen zwar mehrere Theorien im Raum, Phantomschmerz führt das Publikum auch gerne mal auf eine falsche Fährte. An den Stellen muss es aber doch recht schnell gehen, sowohl die Spurensuche wie auch Finns Reaktionen sind überhastet. Auch die Familie von Finn kommt ein wenig kurz und muss sich mit ein paar Nebensätzen und einem kurzen Telefonat abspeisen lassen. Für einen Menschen, der sich so sehr mit seiner Familie identifiziert, dass alles andere nebensächlich wird, ist das erstaunlich spärlich.
Und doch will man natürlich wissen, welches dunkle Geheimnis das Krankenhaus da zu vertuschen versucht. Zudem gefällt Phantomschmerz durch schöne Bilder, die so gar nicht den zu erwarteten Homevideo-Crowdfunding-Look haben. Düster und atmosphärisch sind sie, mit leicht surrealen Anleihen zwischendurch. Und auch kleinere Parallelen, welche die jungen Filmemacher immer mal wieder einbauen, können sich sehen – und hören – lassen. Selbst wenn da noch nicht alles beim großen Debüt passt, es ist daher doch zumindest ein gutes Empfehlungsschreiben, dass die beiden sich ausstellen, um beim nächsten Mal hoffentlich nicht ganz so übersehen zu werden, wenn die Förderanstalten ihre Töpfe leeren.
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