Sweet Country
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Sweet Country

Sweet Country
„Sweet Country“ // Deutschland-Start: 27. September 2018 (Kino)

Schlecht ist das Leben des Aborigines Sam Kelly (Hamilton Morris) nicht. Sicher, er muss hart arbeiten für den Prediger Fred Smith (Sam Neill). Im Gegensatz zu anderen behandelt der seine Arbeiter jedoch gut, da herrschen im Australien der 1920er teils ganz andere Sitten. Das muss auch Sam feststellen, als der Kriegsveteran Harry Marsh (Ewen Leslie) die Farm nebenan übernimmt und für einige Tage Sam und dessen Frau Lizzie (Natassia Gorey Furber) in Anspruch nimmt, um einen Zaun zu richten. Denn Harry ist ein Despot, der seine Untergebenen wie Tiere behandelt. Als ein Junge ihn bestiehlt, kommt es zur Katastrophe.

Allzu wörtlich sollte man den Titel sicher nicht nehmen, denn das in Sweet Country gezeigte Outback im Morden Australiens mag vieles sein, süß sicher nicht. Das gibt die trockene Natur nicht her, die mehr einer Wüste gleicht als einem tatsächlichen Farmland. Ein trockenes Niemandsland, das nicht viel Raum für Leben lässt. Das gibt aber vor allem die Gesellschaft in den 1920ern nicht her, wo noch ein sehr rauer Ton herrschte, Meinungsverschiedenheiten gerne mal mit Blei geklärt werden. Oder sonstigen Waffen.

Staubiger Schwarzweiß-Konflikt
Ein klassischer Western, möchte man meinen. Als solcher wird Sweet Country dann auch gern verkauft. Verständlich: Selbst wenn wir uns hier eben nicht im Wilden Westen, sondern im südöstlichsten Winkel der Weltkarte befinden, die Bilder könnten aus dem ursprünglich amerikanischsten aller Genres stammen. Mit einem Unterschied: Hier geht es eben nicht darum, wie um Geld oder um Frauen gekämpft wird. Im Mittelpunkt steht Sam, der aufgrund eines unverhohlenen Rassismus zum Gejagten wird. Ein Schwarzer, der sich gegen Weiße erhebt? Wo gibt es denn sowas?

Auch wenn die Handlung vor nahezu hundert Jahren spielt, die Parallelen zur heutigen Situation sind kaum zu übersehen. Eine Zweiklassengesellschaft, Leben, das aufgrund der Hautfarbe automatisch weniger wert ist – das kommt einem bei allen Veränderungen der letzten Jahrzehnte unangenehm bekannt vor. Sweet Country bewegt sich daher kontinuierlich über Genregrenzen hinweg, ist mal Western, dann Gesellschaftsporträt oder eben auch Thriller, wenn Sam auf der Flucht vor dem Gesetz ist. Oder dem, was manche Leute damals für Gesetz hielten.

Zwischen Raum und Zeit
Regisseur Warwick Thornton lässt aber nicht nur Genres im Staub zurück, auch die Erzählweise springt gerne mal hin und her. Während Sweet Country grundsätzlich chronologisch gezeigt wird, von der ersten Begegnung mit Harry über die angesprochene Flucht bis zum dramatischen Finale, so durchbricht der australische Filmemacher diese Chronologie immer wieder mal. Beispielsweise kehren in Gesprächen Gedanken zu früheren Situationen zurück, weshalb das aktuelle Geschehen durch Flashbacks unterbrochen wird. Mal sind diese fremden Momente klar zuzuordnen, indem sie beispielsweise Bekanntes aus anderen Perspektiven zeigen. In anderen ist es dem Publikum überlassen, die einzelnen Bestandteile zu einem stimmigen Bild zusammenzusetzen.

Das Ergebnis ist überaus spannend und vielschichtig. Sweet Country, das bei den Filmfestspielen von Venedig 2017 Premiere feierte, funktioniert ebenso gut als reines Genrekino wie auch tiefgründiges Arthouse. Das ist teilweise harte Kost, selbst wenn diese nur angedeutet wird. Umso verträglicher sind dafür die Bilder, die Thornton auch selbst zu verantworten hat und Australien als wilden, ursprünglichen Ort zeigen, der zwar nicht unbedingt süß ist, dafür aber umso sehenswerter und eindrücklicher.



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„Sweet Country“ ist Western, Thriller und Porträt einer rassistischen Gesellschaft in einem. Das ist zusammen mit der nicht immer chronologischen Erzählweise manchmal gewöhnungsbedürftig, insgesamt aber doch sehr spannend und wird von tollen Aufnahmen eines rauen Australiens gekrönt.
8
von 10