Unsere Erde 2 ist der Nachfolger von Unsere Erde, trotz der 2 im deutschen Titel allerdings der dritte Teil der BBC-Reihe nach Unsere Ozeane. Unsere Erde seinerzeit folgte der Serie Planet Erde und stellte eine Art erweiterten Zusammenschnitt dar. Unsere Erde 2 nun bildet das Äquivalent dazu und basiert auf der Nachfolgerserie Eine Erde – viele Welten (im Original wird durch Planet Earth II der Zusammenhang klarer). Durch beide Serien führte David Attenborough, fraglos eine Kapazität auf dem Gebiet der Naturdokumentarfilme: Er beziehungsweise seine Werke wurden mehrfach mit dem BAFTA ausgezeichnet und darüber hinaus mit weiteren BAFTA- und Primetime-Emmy-Nominierungen bedacht. Die Frage ist also nicht nur, ob Unsere Erde 2 mit dem ersten Teil mithalten kann, sondern ob die Doku auch der vorangegangenen Serie gerecht wird.
Wie bereits im ersten Film wurde Attenborough als Erzähler durch eine einem größeren Publikum bekanntere Stimme ersetzt: Robert Redford im Original, Günther Jauch für die deutsche Version. Wer der chinesischen Version habhaft wird und des Mandarin mächtig ist, kann Jackie Chan zuhören. So viel zu erzählen haben sie allerdings nicht, zumindest in der englischen Fassung sind die Kommentare sporadisch verteilt und nuanciert, Redford hält sich gekonnt im Hintergrund und lässt hauptsächlich die Bilder für sich selbst sprechen. Und eins muss man klipp und klar sagen: Die Bilder sind fantastisch!
Es gibt viel zu schauen, fangen wir’s an!
Im Gegensatz zu Unsere Erde wurde der Serienvorlage mehr neues Material hinzugefügt, nur etwa grob geschätzt ein Drittel der Bilder ist bereits aus Eine Erde – viele Welten bekannt. Diese sind für sich genommen schon umwerfend, doch die für Unsere Erde 2 neu gedrehten Aufnahmen stehen ihnen in nichts nach. Oft merkt man ihnen an, dass hier mit Liebe und vor allem sehr viel Geduld gearbeitet wurde, sind doch Ereignisse und Abläufe zu sehen, auf die man in freier Natur lange warten muss. Die Aufbereitung der Einzelszenen ist filmisch erstklassig, so ist beispielsweise das aggressive Aufeinandertreffen zweier Giraffenbullen erst wie ein Western-Showdown und dann wie ein Boxkampf inszeniert, der bis zur letzten Sekunde spannend bleibt. Auch das Ringen eines Zebrafohlens ums Überleben, während es verzweifelt durch die Fluten eines reißenden Flusses ans andere Ufer gelangen möchte, zieht den Zuschauer in seinen Bann.
Die größte Schwäche von Unsere Erde 2 liegt in der fehlenden Kohärenz. Man hat zwar den Versuch unternommen, sich am Verlauf eines Tages entlangzuhangeln (daher auch der Zusatz im Original: One amazing day), aber so richtig funktionieren will das nicht. Die Bilder sind nach wie vor atemberaubend, allein es fehlt ein erkennbares Narrativ in ihrem Zusammenschnitt. Des Weiteren können in anderthalb Stunden nicht so viele unterschiedliche Tiere detailliert behandelt werden, wie hineingepresst wurden, weshalb man sich hier und da eventuell ein wenig gehetzt fühlt. Genießt man die Naturdokumentation auf einem möglichst großen Bildschirm, fällt dies ob der Bildgewalt jedoch nicht weiter ins Gewicht.
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