Der Pate von Bombay Netflix Staffel 1
© Netflix

Der Pate von Bombay – Staffel 1

Der Pate von Bombay Netflix
„Der Pate von Bombay – Staffel 1“ // Deutschland-Start: 6. Juli 2018 (Netflix)

Sartaj Singh (Saif Ali Khan) ist keine große Nummer bei der Polizei von Mumbai. Der ehrliche und rechtschaffende Gesetzeshüter passt mit seiner Art nicht in die moralisch verkommene Welt seiner Kollegen. Eines Tages bekommt er einen Anruf von einer unbekannten Person. Diese erzählt ihm von einem riesigen sich anbahnenden Unheil, das die Stadt Mumbai erwartet. Dieser Anrufer stellt sich alsbald als das berüchtigte Verbrecheroberhaupt Ganesh Gaitonde (Nawazuddin Siddiqui) heraus, welcher die vergangenen 16 Jahre untergetaucht war. Das plötzliche Auftauchen des berüchtigten Paten sorgt selbst in den politisch und gesellschaftlich höchsten Schichten für Unruhe. Und während dort versucht wird, die dunkelsten Geheimnisse der Vergangenheit zu wahren, begibt sich Singh auf eine Schnitzeljagd durch die Stadt, beim Versuch, dieselbige zu retten.

Netflix ist auf dem Vormarsch! Diese These könnte in dieser Form auch von vor einigen Jahren stammen und dürfte heutzutage kaum mehr jemanden überraschen. Dennoch ist sie auch jetzt noch hochaktuell. Nachdem Netflix den US-amerikanischen Serien- und Filmemarkt mit Produktionen wie House of Cards, Orange Is the New Black, Narcos, Beasts of No Nation, War Machine und Mudbound belieferte, steht nun ein neues Ziel auf der Agenda des Streaming-Dienstes: die internationalen Märkte erobern.

Auf internationalem Beutezug
Das Konzept der Eigenproduktionen bleibt dabei bestehen. Neu ist bei diesen Titeln die Verlagerung des Schaffensprozesses ins Ausland. Es handelt sich somit nicht mehr um US-amerikanische Produktionen, sondern beispielsweise um deutsche (Dark), spanische (Haus des Geldes), italienische (Suburra: Blood on Rome) oder französische (Marseille). Mit der Adaption des mehr als 1000 Seiten langen Romans von Vikram Chandra findet Netflix auf diese Art und Weise nun auch seinen Weg auf einen der größten Filmmärkte der Welt: Indien.

Wer die dortige südasiatische Filmkultur bis jetzt nur aus den allseits bekannten farbenfrohen Bollywood-Werken kennt, und eine Aversion gegen diese hegt, der kann sich Der Pate von Bombay dennoch ganz unbesorgt zu Gemüte führen. Denn die Serie der Showrunner Vikramaditya Motwane und Anurag Kashyap erzählt eine im Grunde genommen durchaus klassische Geschichte – besser gesagt zwei klassische Geschichten. Denn Singhs Suche nach der Wahrheit und der Gefahr, die Mumbai in weniger als vier Wochen heimsuchen soll, wird immer wieder mit Rückblicken durchsät, in denen Gaitonde von seinem Aufstieg zu einem der mächtigsten Männer seiner Stadt erzählt. Doch die Art und Weise, wie dies gezeigt wird – mit teils sehr schönen Bildern, einem für uns außergewöhnlichen Setting, das wundervoll in Szene gesetzt wird, und immer weiter ausufernden Nebenschauplätzen, die sich auf Ende der Staffel hin jedoch immer mehr zu einem in sich schlüssigen Großen und Ganzen zusammenfügen – macht Sacred Games (so der Originaltitel) so sehenswert.

Einblicke in die indische Kultur
Wie bereits gesagt, ist diese Geschichte „im Grunde genommen“ nichts Außergewöhnliches, und ebenso für westliche Zuschauer leicht zu konsumieren. Hinzu kommt jedoch unzählige Anspielungen, Verweise oder Verbindungen auf auf die indische kulturelle, religiöse und politische Vergangenheit Indiens, oder besser gesagt Mumbais (bzw. Bombays). Das ist hochinteressant und spickt die Serie mit teils unvorhersehbaren und überraschenden Momenten und Wendungen. Für hiesige Zuschauer, die sich mit all diesen Hintergründen des südasiatischen Staates nicht so sehr auskennen, dürfte all das aber auch recht anstrengend sein, und wird ihn mehr als ein oder zwei Male mit Fragezeichen auf dem Gesicht zurücklassen.

Angeführt wird der Cast von von zwei Größen des indischen Kinos – Saif Ali Khan und Nawazuddin Siddiqui – wobei Letzterer bereits beim Gangster-Epos Asian Godfather – Die Gangs of Wasseypur mit Anurag Kashyap zusammenarbeitete. Beide zeigen völlig unterschiedliche, aber dennoch mehr als überzeugende Leistungen – Siddigui als selbstsicherer und machhungriger Gangster, und Khan als mit sich selbst haderner und von seiner Vergangenheit getriebener Polizist. Seine Figur mag an manchen Stellen etwas zu selbstbemitleidend daherkommen, schafft es aber zeitgleich für den Zuschauer eine anfangs völlig unwissende Identifikationfigur in einem Spiel zu sein, dem er möglicherweise nicht gewachsen ist. Es sind diese zwei Charaktere, die durch eine spannende, brutale und mit schönen und gleichzeitig sehr expliziten Bildern gespickte Geschichte führen, die hier und da etwas mehr Tempo vertragen hätte, die aber Lust auf mehr macht. Und, so viel steht bereits fest: Es wird mehr kommen.



(Anzeige)

Mit „Der Pate von Bombay“ stößt Netflix nun auch auf den indischen Filmmarkt vor – und das aus künstlerischer Sicht mit Erfolg. Die spannungsgeladene zweigeteilte Geschichte bringt dem Zuschauer die indische Kultur sowie die Stadt Bombay/Mumbai etwas näher – und sie macht Lust auf eine zweite Staffel.
8
von 10