Das hatte sich Shimazu Toyohisa ja irgendwie anders vorgestellt. Eigentlich war er ganz gut mit der Schlacht von Sekigahara beschäftigt, da stolpert er plötzlich in einen hellen Gang mit unzähligen Türen und wird von einem seltsamen Mann in Weiß begrüßt. Ehe er es sich versieht, steckt er in einer neuen Welt, die seiner ganz ähnlich und doch irgendwie anders ist. Und er scheint nicht der einzige zu sein, der auf unerklärliche Weise hiergekommen ist. Zeit zum Nachdenken hat jedoch keiner von ihnen, denn sehr viel friedfertiger als die alte Welt ist diese hier auch nicht. Genauer platzt Shimazu in einen Krieg zwischen Menschen und Elfen, bei dem eine weitere Gruppe kräftig mitmischt, die nicht hierher gehört.
Da sind sie wieder, die guten alten Bekannten. Elfen typisch japanischer Machart mit spitz zur Seite gehenden Ohren. Ihre traditionellen Widersacher, bärtige, grobe Zwerge, sind ebenfalls mit von der Partie, während im Hintergrund riesige Drachen durch die Luft fliegen. Drifters, so könnte man meinen, ist nur eine weitere dieser Serien, die es sich auf den alteingesessenen Kreaturen des Fantasy-Genres gemütlich macht, erst gar nicht versucht, eigene Impulse zu setzen. Was in unzähligen RPG-Schablonen funktioniert hat, das wird auch dieses Mal funktionieren. So die Annahme.
Schön düstere Optik
Zwei Punkte sind es aber, die Drifters etwa von dem kürzlich veröffentlichten Der Prinz der Drachen unterscheiden. Zum einen ist die Optik deutlich spannender. Das noch junge Animationsstudio Hoods Entertainment kreuzt hier verschiedene Stile miteinander. Der eine ist sehr düster, wird von Brauntönen und dick ausgearbeiteten Charakterdesigns dominiert. Zwischendrin darf es aber auch mal eine Mischung aus Pop Art und einer stilisierten Form der Figuren werden, die anzeigt: Achtung, jetzt wird es komisch! Oder es soll zumindest komisch sein.
Ob Drifters diesem Anspruch gerecht wird, darüber kann man geteilter Meinung sein. Wiederkehrende Kommentare zum Vorbau der wenigen weiblichen Figuren inklusive anzüglicher Anmerkungen sind ebenso wenig Ausdruck feiner Humorkunst wie es eine später auftauchende rein schwule Kämpfertruppe ist. Eigentlich sind die Witze sogar ziemlich plump. Und auch nicht unbedingt passend, da der Wechsel von sehr ernsten und sehr albernen Szenen ein bisschen sehr abrupt ist. Abgeschlagene Köpfe und Eutergags, das passt nun mal nur bedingt zusammen.
Ein Wiedersehen mit alten Bekannten
An anderen Stellen hätte mehr Humor hingegen ganz gut getan. Denn da ist noch das zweite Alleinstellungsmerkmal der Serie: Kouta Hirano (Hellsing), der die Manga-Vorlage gezeichnet und getextet hat, versammelt in Drifters ein Potpourri der unterschiedlichsten historischen Gestalten. Dass man im Land der aufgehenden Sonne ganz gerne mal verschiedene Mythologien zusammenbringt, das sind wir gewohnt. Eine Geschichte, in der reale Samurai-Gestalten auf Jeanne d’Arc, Rasputin und Adolf Hitler stoßen? Das ist dann schon etwas ungewöhnlicher. Leider hält sich der Anime hierbei aber doch arg zurück, das komische Potenzial, welches etwa Gintama aus einem solchen wilden Epochenmix herauskitzelt, das wird hier ziemlich ignoriert.
Unterhaltsam ist Drifters aber auch so, lässt es teils ordentlich krachen in seiner Mischung aus tödlichem Ernst und konfliktreicher Groteske. Zudem lässt sich die Serie so gar nicht in die Karten schauen, zumindest in der ersten Staffel. Was es mit dem Mann aus dem Korridor auf sich hat, das wird in den zwölf Folgen nicht verraten, ebenso wenig, weshalb er zum Kampf der historischen Gestalten aufruft. Man darf also gespannt sein, wie es in der bereits angekündigten zweiten Staffel weitergehen wird, wer beim Kampf um das ferne Fantasyland die Oberhand behalten wird und was das Zusammentreffen überhaupt bedeuten soll.
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