Sonderlich viel Interesse an seinen Mitmenschen hat der erfolgreiche Autor Alex Henderson (Ben Kingsley) nicht gerade. Er ist ganz froh, wenn er niemanden sehen muss auf seiner kleinen abgelegenen Insel. Eine Ausnahme macht er jedoch, als David Moerk (Benno Fürmann) bei ihm anfragt, der selbst an einem Buch sitzt und eine professionelle Meinung einholen möchte. Neugierig, was ihm der jüngere Kollege wohl zeigen mag, lädt er ihn tatsächlich zu sich ein und lässt ihn aus seinem Manuskript vorlesen. Und tatsächlich: Die Geschichte um eine Frau namens Eva (Tuva Novotny), die in dem Roman spurlos verschwindet, weckt das Interesse des Autors. Denn da scheint noch deutlich mehr dran zu sein.
Nachdem es zuletzt wieder etwas ruhiger um sie wurde, kommen Krimis und Thriller mit nordischen Wurzeln nun wieder verstärkt in die deutschen Kinos. Verachtung, der vierte Teil rund um Jussi Adler-Olsens Sonderdezernat Q (Erbarmen), feierte gerade Deutschlandpremiere. Ende November startet Verschwörung, das auf den Figuren von Stieg Larssons Millennium-Trilogie basiert. Zuerst aber gibt sich Håkan Nesser die Ehre. Der Schwede gehört ebenfalls zu den großen Krimiautoren seines Landes, lieferte schon des Öfteren Vorlagen für Filme. Tod eines Autors soll dabei der erste von drei Werken des Projektes Intrigo sein, die alle unabhängig voneinander sind, jedoch mit ähnlichen Themen arbeiten.
Eine Geschichte in der Geschichte
Welche das genau sein sollen, das bleibt noch abzuwarten. Das ganz große Alleinstellungsmerkmal fehlt bei Intrigo noch. Am auffälligsten ist noch, dass der Film mit zwei Erzählebenen arbeitet. Die eine beschreibt die beiden Autoren, die das Buch von David diskutieren. Die andere ist das Buch selbst, das hier wiedergegeben wird. Dass in beiden Strängen Benno Fürmann die Hauptrolle spielt, verrät schon früh, dass beide Geschichten eng miteinander verbunden sind. Der eine oder andere wird hierbei vielleicht an Nocturnal Animals zurückdenken, das vor bald zwei Jahren Jake Gyllenhaal in einer ähnlichen Doppelrolle platzierte.
Anders als der Thrillerkollege, der schockierende Einblicke in die Abgründe menschlicher Seelen gewählte, ist Tod eines Autors ein vergleichsweise harmloser Vertreter der guten alten Krimischule. Sicher, der Roman im Roman beginnt mit dem wenig netten Plan eines Mannes, seine Frau um die Ecke zu bringen. Zu sehen ist in dem Film jedoch recht wenig. Stattdessen reist der Autor darin durch die Gegend, versucht dabei gleich zwei Geheimnisse aufzulösen. Was ist damals wirklich mit seiner Frau passiert? Was hat es mit dem seltsamen Manuskript eines verstorbenen Kollegen auf sich, das er übersetzen soll?
Wohin gehört dieser Faden?
Bei so vielen Autoren, Manuskripten und Büchern, Geschichten in Geschichten in Geschichten, ist die Erwartung auf zahlreiche Grenzgänge nicht zu vermeiden. Auf das Spiel mit verschiedenen Ebenen, die sich gegenseitig bedingen und erst nach und nach zu erkennen geben, wie die Beziehungen genau aussehen. Vor allem wenn eine der Figuren gleichzeitig der Erzähler ist, was für subjektive Manipulationen Tür und Tor öffnet. So richtig viel hat Tod eines Autors in der Hinsicht jedoch gar nicht zu bieten. Die Verflechtung gleich zweier größerer Mysterien – die um die Frau und die um das eigenartige Manuskript – bringen natürlich ein wenig Verwirrung mit sich, da nicht immer klar ist, welche Spur denn nun zu welcher Geschichte gehört. Ein bisschen Rätselraten ist daher schon angesagt. Wer viele Krimis gelesen hat, wird dennoch eher weniger gefordert: Trotz einiger abstruser Wendungen ist das meiste hier recht einfach zu durchschauen.
Auch in anderer Hinsicht hinterlässt Tod eines Autors einen eher gemischten Eindruck. Dass beispielsweise Großteile der Handlung mittels Voiceover erzählt werden, parallel zu den gezeigten Bildern, hält den Film immer mal wieder auf, hält auch das Publikum auf Distanz. Da verliert sich Regisseur Daniel Alfredson, der zuvor selbst bei den Millennium-Filmen Regie führte, zu sehr in der Sprache des Buches. Aber auch die Darsteller scheitern an der Aufgabe, das Geschehen für die Zuschauer wirklich greifbar zu machen. Vor allem Ben Kingsley enttäuscht hier, ist an manchen Stellen als überheblicher Künstler unterhaltsam, an anderen willkürlich übertrieben – was aber auch mit den hölzernen Dialogen zusammenhängt. Dafür ist das Ende interessant, da es sich den üblichen Krimimechanismen entzieht. Das wird den einen oder anderen im Publikum ärgern, gehört letztendlich aber zu den spannendsten Punkten in einem doch nur soliden, etwas behäbigen Beitrag der Skandinavier.
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