Den ersten Schritt vom großen Traum, in die USA auszuwandern, hat sie geschafft: Mara (Mälina Manovici) hat eine befristete Aufenthaltserlaubnis und arbeitet als Pflegekraft. Dabei lernt sie Daniel (Dylan Smith) kennen, der nach einem Arbeitsunfall zur Behandlung bei ihr war. Inzwischen sind sie verheiratet, Maras Sohn (Milan Hurduc) ist aus Rumänien nachgekommen, der Antrag auf eine Green Card läuft. Doch das gestaltet sich alles als sehr viel schwieriger als gedacht. Das junge Paar schlägt sich mit Geldproblemen herum, arbeiten darf Mara während der Übergangsphase nicht. Und dann stellt sich auch noch der Sachbearbeiter Moji (Steve Bacic) quer.
In den letzten zwei Jahren gab es unzählige Spielfilme und Dokumentationen über Menschen, die aus ihrer Heimat flohen, um in Europa ihr Glück zu suchen. Allein deshalb ist es schon erfrischend, eine Europäerin zu sehen, die ihrer Heimat den Rücken zukehrt, um in den USA den amerikanischen Traum eines besseren Lebens erfüllen zu wollen. Ein Traum, von dem sich in den letzten Monaten recht deutlich gezeigt hat, dass er nur den Amerikanern vorbehalten ist. Einem kleinen Teil der Amerikaner, genauer dem heterosexuellen weißen Mann, geboren in den USA. Das gibt immer Pluspunkte, auch ohne eigene Arbeit.
Das Ende eines Traumes
Wenn Moji der verzweifelten Mara vorhält, sie wolle nur von denen profitieren, die hart gearbeitet haben, womit der phlegmatische Beamte implizit auch sich meint, dann ist das natürlich nicht nur Blödsinn. Es ist eine bewusste Provokation des Publikums, die Regisseurin und Co-Autorin loana Uricaru da betreibt. Eine, die einen heute nicht mehr treffen sollte nach all den offensichtlichen Verbrechen und Selbstbereicherungen, die an der Spitze der USA Tagesgeschäft sind. Eine, die es aber dennoch tut.
Insgesamt zeichnet Lemonade ein überaus dunkles Bild des selbsternannten Landes der Freiheit. Es ist nicht nur der Sachbearbeiter, der Mara zu schaffen macht. Jeder erwachsene Mann, der hier auftaucht und etwas zu sagen hat, wird sie auf seine Weise erniedrigen, unterdrücken oder im besten Fall einfach ausnutzen. Teilweise geschieht dies aus Rassismus, oft aus reinem Sexismus, weshalb das Drama sehr gut in die aktuelle #MeToo-Debatte passt. Man muss gar keine Schauspielerin sein, um missbraucht zu werden. Manchmal reicht es, einfach eine Frau zu sein und keine Macht zu haben.
Das ganze Leben ist Mist
Das eindrucksvoll, auch weil Mälina Manovici ihre Rolle als sanftmütiges Rehlein anlegt, das sich nicht gegen die Aggressoren zur Wehr setzen kann oder will. Da bekommt man automatisch Mitleid. Oder eben Wut angesichts der vielen miesen Menschen, denen sie begegnet. Das Drama, das auf der Berlinale 2018 Premiere feierte, gefällt sich aber zu sehr darin, sie als Opfer darzustellen und verliert dabei die Geschichte aus den Augen. Durch die Ansammlung an Scheußlichkeiten ist irgendwann nicht mehr klar, wovon Lemonade denn eigentlich erzählen will.
Der Film verliert aber auch die Glaubwürdigkeit, weil er sich zu sehr auf diese Aspekte konzentriert. Was anfangs noch dokumentarisch angelegt ist und von der Situation von Einwanderern erzählt, wird so zu einer Leidensgeschichte, der man die einzelnen Szenen zwar abnimmt, nicht jedoch die geballte Konzentration der Szenen. Vor allem zum Ende hin, wenn Uricaru ein bisschen viel auflädt. Zu sagen hat das Spielfilmdebüt der Rumänin natürlich einiges, zeigt die hässlichen Seiten einer Gesellschaft, die nichts übrig hat für die Schwachen. Es hätte dabei nur gern ein bisschen leiser und differenzierter sein dürfen.
(Anzeige)