Nicht mehr lange, dann sind Paul (Florian David Fitz) und Toni (Matthias Schweighöfer) gemachte Männer. Die beiden besten Freunde sind nicht nur zusammen aufgewachsen, sie haben auch gemeinsam ein Start-up-Unternehmen gegründet und stehen nun kurz davor, ihre App für einige Millionen Euro an einen Techriesen in den USA zu verkaufen. Dummerweise sind die zwei aber nicht nur Freunde, sondern auch langjährige Rivalen. Und so lassen sie sich zu einer Wette hinreißen, wer von ihnen es länger ohne Konsumgüter aushält. 100 Tage soll die Wette andauern: Mit null Besitz starten sie, jeden Tag dürfen sie einen Gegenstand aus ihrem Lager holen, von Kleidung über Handy bis zu einer Matratze. Für zwei Konsumjunkies wie sie eine schwierige Aufgabe, besonders als sie dabei auf Lucy (Miriam Stein) stoßen.
Never change a winning Team. Nachdem Teilzeit-Filmemacher Florian David Fitz zusammen mit Matthias Schweighöfer 2016 den bislang größten Hit seiner Karriere in Form von Der geilste Tag ablieferte, sicherte er sich auch bei seiner neuesten Regiearbeit die Schützenhilfe des Kassenmagnets. Damit das dieses Mal mit dem Geldregen auch richtig schön klappt, dürfen sich die zwei Frauenschwärme auch gleich mal von ihrer besten Seite zeigen. Sprich: ihrer nackten Seite. Nicht nur dass sie verkaufsfördernd auf dem Plakat von 100 Dinge auf jegliche Kleidung verzichten, auch in dem Film laufen sie einige Minuten herum, wie Gott sie (fast) schuf.
Brauchen wir das wirklich?
Während das Drumherum geradezu zynisch auf Kommerz abgerichtet ist, gibt es inhaltlich aber doch durchaus etwas zu erzählen. Ganz neu ist die Idee hinter dem Film nicht. Genauer ließ sich Fitz von der finnischen Doku My Stuff inspirieren, die auf humorvolle Weise eben dieses Experiment der freiwilligen Enteignung wagt. Dort war es der Filmemacher Petri Luukkainen, der als Selbsttest all seine Besitztümer zusammenpackte. Ein Jahr lang durfte er jeden Tag nur einen Gegenstand aus dem Lager holen, neue Gegenstände waren grundsätzlich tabu – mit Ausnahme von Lebensmitteln, die selbst der größte Asket braucht. Der Gedanke dahinter: Rausfinden, was man eigentlich wirklich so zum Leben braucht.
Fitz greift diesen Gedanken auf, deutet ihn aber ein wenig um. Natürlich werden auch Paul und Toni alles hinterfragen, was sie bisher hatten und woran sie zuvor glaubten. Das geschieht aber eher nebenher. Zunächst einmal ist 100 Dinge eine Komödie. Das bedeutet, dass den zwei Protagonisten ständig etwas Peinliches passiert, sie sich wegen irgendwas in die Haare bekommen oder die Wette auch schon mal außer Kontrolle gerät. Anspruchsvoll ist das kaum, lustig auch nur hin und wieder mal. Wirklich bissig wird das hier nie, trotz der konsumkritischen Linie. Man hält es lieber mit leicht bekömmlichen Albernheiten, die sich gern auch mal wiederholen.
Ein Film nach Plan
Ohnehin, die ganz großen Überraschungen sollte man hier lieber nicht erwarten. Das Szenario von 100 Tage mag ungewöhnlich sein, ansonsten hält sich der Film aber eng an das durch deutsche Komödien vorgegebene Schema. Dazu gehört auch die eingefügte Romanze. Denn Liebe ist ja immer ein schöner und verlässlicher Anlass, um die Protagonisten erkennen zu lassen, worauf es im Leben wirklich ankommt. Ob es nun die Streitereien zwischen Paul und Toni sind, deren Verhältnis komplexer ist als zunächst gedacht – und etwas umständlich konstruiert –, die weitere Entwicklung des Appverkaufs oder eben das Anbandeln mit Lucy, hier geschieht alles streng nach Businessplan.
Doch trotz dieser Formelhaftigkeit, 100 Dinge ist deutlich besser als Der geilste Tag, das ebenfalls Besinnlichkeit mit etwas billigem Humor zu verbinden suchte. Denn auch wenn man aus der Idee sicher etwas Originelleres hätte herausholen können, etwas Radikaleres, etwas Mutigeres, so ist sie doch trotz allem schön und gibt einem durch die Blume zu verstehen, dass wir vieles von dem, was wir um uns sammeln, letztendlich nicht brauchen. Und das ist in einer auf (Selbst-)Vermarktung konditionierte Gesellschaft doch sympathisch, umso mehr da der Film rechtszeitig zum großen Weihnachtsrun in die Kinos kommt. Vielleicht wird der eine oder andere dann ja doch noch einmal kurz innehalten, bis er etwas aus dem Regal nimmt oder auch per Mausklick in den Einkaufskorb legt, und sich fragen: Brauche ich das hier wirklich?
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