A Polar Year Une annee polaire

A Polar Year

A Polar Year Une annee polaire
„A Polar Year“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Die Temperaturen sinken, nach dem langen Sommer droht nun ein kaltes Erwachen. Die ersten spielen schon wieder mit dem Gedanken, woanders hinzufahren. An einen schönen Ort, wo es warm ist. Urlaub eben. Die Vorstellung, jemand könnte in ein kälteres Land fahren, die erscheint da etwas absurd. Und sehr viel kälter als Grönland geht auch gar nicht. Dennoch ist Anders Hvidegaard fest dazu entschlossen, in eben dieses Land zu fahren und Kinder zu unterrichten. Erfahrungen darin hat er keine, dafür aber viel Enthusiasmus. Er will was anderes erleben, weg von allem, anderen etwas Gutes tun. Und so lautet sein Ziel auch nicht die Hauptstadt, wie es ihm beim Vorstellungsgespräch nahegelegt wird. Stattdessen fährt er nach Tiniteqilaaq, wo gerade einmal 80 Leute leben.

Verstehen muss man diese Entscheidung nicht unbedingt. Die ältere Dame, welche mit Anders seinen Antrag bespricht, tut das ja auch nicht. Dafür hat sie aber einen guten Rat für ihn: „Lernen Sie dort bloß kein Grönländisch! Sie sind dort, um denen Dänisch beizubringen.“ In dieser nur wenige Minuten dauernden Einstiegsszene gibt Regisseur Samuel Collardey bereits vor, worum es in seinem Film A Polar Year gehen wird: der Austausch zwischen zwei Kulturen. Oder auch den mangelnden Austausch. Grönland, das politisch zu Dänemark gehört, wird von den Behörden gern wie eine unterentwickelte Kolonie behandelt. Umgekehrt ist das Misstrauen der einheimischen Bevölkerung groß, wenn mal wieder ein Däne vor der Tür steht, mit der Absicht, ihnen etwas beizubringen.

Aller Anfang ist schwer
Der Film, der auf dem Sundance Film Festival 2018 Premiere feierte, erzählt dann auch von einem schwierigen Verhältnis. Anders fehlt das Verständnis für die dortige Kultur, trotz anfänglich guter Absichten, die restliche Bevölkerung sieht in ihm im besten Fall eine Kuriosität, im schlimmsten ein Ärgernis. Die meisten ignorieren ihn jedoch. Eine der traurigsten Szenen zeigt den desillusionierten Lehrer, der als einziger nicht zu einem großen Dorffest eingeladen wurde. Schließlich ist er ja auch keiner von ihnen.

Wie bei den meisten Culture-Clash-Filmen auch ist an der Stelle aber noch nicht das letzte Wort gesprochen. Collardey erzählt davon, wie nach den üblichen Stolpersteinen und Konflikten doch noch eine Annäherung erfolgt. Das hört sich nach Klischeedrehbuch an, ist aber letztendlich kein Drehbuchkonstrukt. Zumindest nicht ganz. A Polar Year ist stattdessen ein Dokumentarfilm. Einer, dem man das aber nur manchmal ansieht. Dass hier keine erfahrenen Schauspieler vor der Kamera stehen, das merkt man relativ schnell, da tut sich manch einer etwas schwer in den nachgestellten Szenen. Wie viel nachgestellt ist, das lässt der Film jedoch offen, ist auch nicht immer zu erkennen.

Bilder zum Verlieben
Dass man anfänglich glauben könnte, einen Spielfilm vor sich zu haben, liegt aber auch an den wunderbaren Bildern, die so gar nicht nach Do-it-yourself aussehen. Das ewige Eis, die herumtollenden Tiere, Ausflüge mit dem Hundeschlitten – das ist so idyllisch, dass man fast selbst versucht ist, die warme Wohnung gegen die Kälte im abgelegenen Exil zu tauschen. Das erreicht trotz der realen Vorlage nicht die Emotionalität des kürzlich gestarteten Nanouk, das ebenfalls von einem Leben in Schnee und Eis berichtet, dafür ist das hier nicht fokussiert genug. Aber es bleibt ein schön anzusehendes, teilweise rührendes Plädoyer für mehr Offenheit anderen Menschen und deren Kulturen gegenüber.



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„A Polar Year“ nimmt uns mit nach Grönland, wo ein dänischer Lehrer ein Jahr lang arbeitet. Das ist wunderbar bebildert und ein rührendes Plädoyer für einen Austausch von Kulturen, wenn der Eindringling und die heimische Bevölkerung sich nach und nach annähern. Da fallen einige zu offensichtlich nachgespielte Szenen nicht mehr sonderlich ins Gewicht.