Ceasefire cessez-le-feu
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Ceasefire

Ceasefire cessez-le-feu
„Ceasefire“ // Deutschland-Start: 16. Februar 2022 (MUBI)

Der Erste Weltkrieg liegt nun schon seit einigen Jahren zurück. Doch die Überlebenden haben noch immer mit ihren Erinnerungen zu kämpfen, die sie aus den Gräben mit in die Heimat genommen haben. Und so wagte Georges (Romain Duris) wieder die Flucht nach vorne, nach Afrika, wo er alles vergessen und hinter sich lassen wollte. Doch auch in der Ferne verfolgen ihn die alten Albträume. Damit ist er nicht allein, wie er bei seiner Rückkehr nach Frankreich feststellt. Sein Bruder Marcel (Grégory Gadebois), auch er schwer traumatisiert, hat aufgehört zu reden und lebt nun wieder bei ihrer Mutter (Maryvonne Schiltz). Doch dann begegnet Georges Hélène (Céline Sallette), einer Lehrerin für Zeichensprache, und beginnt langsam wieder ins Leben zurückzufinden.

Körperliche Wunden eines Krieges sind natürlich immer die auffälligeren: abgetrennte Gliedmaße, verstümmelte Hände, Narben im Gesicht. Ebenso schlimm sind aber die Wunden, die einem nicht ins Auge fallen. Die zerstörten Seelen, die nicht mit dem erlebten Grauen umgehen können. Ceasefire nimmt sich eben solcher Seelen an, wenn hier zwei Brüder im Mittelpunkt stehen, die beide auf ihre Weise unter den Folgen des Krieges leiden. Die beide auch eine Flucht wählten, um den Schrecken hinter sich zu lassen – der eine physisch, der andere psychisch.

Frauen als Rettungsanker
Marcel ist dabei der weniger zugängliche der zwei. Nicht nur, dass er seine Sprache verloren hat – oder aufgegeben, der Film lässt das offen –, er wirkt auch sonst so, als sei er nicht ganz in dieser Welt zu Hause. Manchmal lächelt er, oft auch nicht, starrt einfach in die Gegend, ohne dort etwas zu sehen. Des Öfteren wirkt er wie ein Kind dabei, wenn auch eines von einer stattlichen Natur. Ein Riesenbaby, verfolgt von bösen Träumen, welches es in die Arme der Mutter getrieben hat. Allgemein sind es die Frauen, welche hier als Mittel der Traumabewältigung dienen, Schutz und Komfort bieten.

Sonderlich viel Handlung gibt es auf dem langen Weg zur Heilung nicht. Zu Beginn lässt es Regisseur und Drehbuchautor Emmanuel Courcol richtig krachen, sowohl im Krieg wie auch in Afrika. Das Ziel: Verdeutlichen, was die Brüder durchmachen mussten und damit demonstrieren, weshalb sie so sind, wie sie sind. Das ist insgesamt sicher der richtige Weg, lässt sich viel Zeit, vermeidet auch die offensichtlichen Fallstricke übertriebenen Melodrams – die Schicksale mögen traurig sein, werden jedoch nicht ausgeschlachtet. Nachteil: Ceasefire ist manchmal zu selbstgefällig und neigt zur Behäbigkeit.

Schöne Verkleidung
Schön anzusehen ist das Drama, welches im Rahmen der Französischen Filmtage Tübingen-Stuttgart und des Filmfests Braunschweig in Deutschland zu sehen ist. Der Ausflug nach Afrika ist hübsch wild, einschließlich eines Romain Duris (L’auberge espagnole – Barcelona für ein Jahr) mit ungewohntem Zottelbart. Das Frankreich der 1920er ist dafür umso gediegener, so als wollte man möglichst schnell vergessen, was zuletzt geschehen ist. Und was bietet sich dafür besser an als schicke Partys und eine fesche Abendgarderobe, unter der man seine Wunden verstecken kann?

Ceasefire bleibt dabei selbst eher an der Oberfläche. Eine tatsächliche Auseinandersetzung von Georges mit seinen inneren Dämonen findet nicht statt. Und auch die beiden Brüder bleiben sich seltsam fremd, anstatt gemeinsame Wunden zum Anlass einer Annäherung zu nutzen. Und wirklich originell ist das Drama ohnehin nicht, da wagt sich das thematisch ähnliche See You Up There in deutlich spannendere und weniger erwartbare Gefilde vor. Aber es hat seine Vorzüge und Momente, führt vor Augen, was es heißt, Unmenschliches tun und sehen müssen, seine Vergangenheit nicht hinter sich lassen zu können, wohin auch immer man vor ihr zu fliehen versucht.



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Der Krieg ist vorbei – und irgendwie doch nicht. „Ceasefire“ folgt zwei Brüdern, die vom Ersten Weltkrieg schwer traumatisiert sind und die auf ihre jeweilige Weise versuchen, der Vergangenheit zu entkommen. Das ist schön anzusehen und behutsam erzählt, neigt des Öfteren aber zur Behäbigkeit.
6
von 10