Seit einiger Zeit schon schlägt sich der ehemalige Diplomat Charles Hayward (Max Irons) mehr schlecht als recht als Privatdetektiv herum. Da bekommt er einen besonders pikanten Auftrag: Ausgerechnet Sophia (Stefanie Martini), mit der er in Kairo eine heiße Affäre hatte, bittet ihn darum, den Tod ihres Großvaters zu untersuchen. Der soll zwar eine natürliche Ursache gehabt haben. Aber wenn ein steinreicher, älterer Mann plötzlich stirbt, dann wird man schon mal etwas misstrauischer. Und das Misstrauen scheint sich zu bestätigen, denn in der Familie hatte jeder gute Gründe, den Alten um die Ecke zu bringen.
Wirklich weg war sie ja nie, die englische Queen of Crime Agatha Christie. Unentwegt wurden ihre zahlreichen Krimis fürs Fernsehen adaptiert, auch in den letzten Jahren noch, mal in Filmform (Zeugin der Anklage), mal als Serie (Agatha Christie: Mörderische Spiele). Ihre berühmten Bücher aber noch einmal auf der großen Leinwand sehen zu dürfen, das ist dann doch ein eher unerwartetes Vergnügen. Denn dort gehören sie oft hin, wenn die Autorin von rätselhaften Verbrechen bei den Schönen und Reichen dieser Welt berichtet, exklusive Kulissen inklusive.
Große Namen, viele Verdächtige
Nach dem erfolgreichen Auftakt mit Mord im Orient-Express letztes Jahr folgt nun das mehrfach verschobene Das krumme Haus, welches auf einem Roman von 1949 basiert. Christie verzichtete dort auf ihre berühmten Ermittler, Hercule Poirot und Miss Marple haben Sendepause. Auf große Namen darf sich das Publikum dennoch freuen, zumindest bei der Besetzung: Unter anderem dürfen Glenn Close, Gillian Anderson und Christina Hendricks Familienmitglieder spielen, einer verdächtiger als der andere – wie es sich für einen klassischen Whodunnit gehört. Die Zuschauer sollen schließlich kräftig miträtseln, wer denn nun wirklich verantwortlich ist für das Ableben des alten Mannes.
Die diversen Stars sind neben dem edlen Dekors dann auch das beste Argument dafür, sich Das krumme Haus einmal anzuschauen. Anderson als laszive Alkoholikerin, das macht ebenso Spaß wie Hendricks in der Rolle des hübschen Dummchens, das – so sagen die anderen – nur des Geldes wegen den Verstorbenen geheiratet hat. Sonderlich viel Tiefgang sollte man an der Stelle jedoch nicht erwarten. Christie war immer berühmt für ihre komplexen Tathergänge und überraschende Wendungen. Die Figuren waren dabei lediglich ein Mittel zum Zweck.
Ein Niemand im Minenfeld
Das wird besonders bei Hayward auffällig. Wo die Verdächtigen immerhin noch lustvolle Klischees sind, bleibt der Ermittler selbst extrem blass. Wer er als Mensch ist, das erfahren wir nie, reizvolle Spleens wie bei Poirot oder Marple sucht man hier vergebens – zumal auch Teilzeitmodel Max Irons keinen Weg findet, seine Figur mit etwas Persönlichkeit auszustatten. Es ist noch nicht einmal so, dass der Nachwuchsdetektiv einen allzu kompetenten Eindruck bei seiner Arbeit macht. Seinen Verhören fehlt die Schärfe, es fehlt ein Plan und sichtbares Konzept, wie er das Rätsel lösen will. Stattdessen läuft er einfach nur durch die Gegend, wirkt dabei so, als hätte ihn jemand ausgesetzt.
Ohnehin ist Das krumme Haus als Krimi eher enttäuschend. Während die Auflösung die meisten Zuschauer überraschen, wenn nicht gar verstören dürfte – sofern sie das Buch nicht schon kennen –, ist der Weg dorthin sehr zäh. Regisseur Gilles Paquet-Brenner (Dark Places – Gefährliche Erinnerung) lässt sich sehr viel Zeit bei seinem Film, ist dabei mehr mit den Streitigkeiten der Figuren beschäftigt als mit dem Fall an sich. Es ist noch nicht einmal so, dass die hässlichen Begegnungen mit Folgen für die Geschichte verbunden wären, die Mördersuche gleicht zu oft einer Seifenoper. Immerhin macht diese teilweise Spaß, so wie der Film insgesamt zumindest solide ist. Angesichts der großen Namen und der Ausstattung hätte man sich aber doch mehr erhoffen können.
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