Clara (Mackenzie Foy) lebt nach dem Tod ihrer Mutter mit ihren beiden Geschwistern und ihrem Vater (Matthew Macfadyen) im viktorianischen London. Zu Weihnachten erhält sie ein mysteriöses Geschenk, das ihr ihre Mutter hinterlassen hat. Doch ohne den passenden Schlüssel kann sie das mechanische Ei nicht öffnen. Auf der Suche nach der Lösung folgt sie auf der jährlichen Weihnachtsfeier ihres Patenonkels Drosselmeyer (Morgan Freeman) einem goldenen Garn, das sie in eine verschneite, märchenhafte Parallelwelt führt. Dort begegnet Clara dem Soldaten Phillip (Jayden Fowora-Knight), einer Armee wilder Mäuse und den Herrschern über die Vier Reiche, darunter auch der schönen Zuckerfee (Keira Knightley). Clara und Phillip müssen in das gefährliche vierte Reich vordringen und sich der Tyrannin Gigoen (Helen Mirren) stellen, um den goldenen Schlüssel finden und hoffentlich in Claras Welt zurückzukehren können.
Nicht alles, was glänzt …
Unsterbliche Popularität erlangte die Geschichte um den Nussknacker-Soldaten zweifelsohne durch Tschaikowskys zauberhaftes Ballett, das seit Jahrzehnten vor allem in der Weihnachtszeit rund um den Globus aufgeführt wird. Doch die originale Erzählung von E.T.A. Hoffmann aus dem Jahr 1816 ist ein düsteres Märchen über ein junges Mädchen, einen Nussknacker, jede Menge Magie und einen gierigen Mäusekönig. Für den diesjährigen Weihnachtsfilm passte diese Konstellation dem Produktionsgiganten Disney, dessen Maskottchen bekanntlich eine Maus ist, mehr schlecht als recht. Deshalb musste man sich in der Umsetzung einer großen Herausforderung stellen.
Die richtigen Voraussetzungen sind in jedem Fall gegeben. Die Geschichte ist ein zeitloser und geliebter Klassiker, der im letzten Jahrhundert mehrfach neu interpretiert wurde. Die Animation, der Look und die Spezialeffekte verzaubern vom ersten Moment an. Das Ensemble ist eine Zusammensetzung aus Schauspiellegenden wie Helen Mirren oder Morgan Freeman und vielversprechenden Jungstars wie der vielfältigen Hauptdarstellerin Mackenzie Foy, die in ihrer Darbietung der jungen Heldin die richtige Balance aus Mut und Gewissenhaftigkeit findet.
…ist Gold.
Doch unglücklicherweise endet die Umsetzung der Erzählung in einem verworrenen Missgeschick. Die einleitende erste Akt mag zwar stark an andere Fantasy-Blockbuster erinnern (Narnia lässt grüßen), doch ist bis zu Claras Ankunft in der magischen Welt der Vier Reiche zumindest klar und verständlich. Alles, was danach passiert, ist ein undurchschaubares und langatmiges Chaos. Denn schnell beginnt die Geschichte an allen Ecken und Enden baufällig zu werden. Charaktere werden vorgestellt, die nie wieder eine Rolle spielen, erzählerische Punkte aufgegriffen, nur um direkt wieder fallen gelassen zu werden. Es häufen sich Fragen über Fragen. Claras erfährt, dass ihre Mutter einst Königin über die Vier Reiche war. Wie sie die magische Welt entdeckte oder zur Königin erklärt wurde, warum sie nie zurückkehrte oder ihre Familie nie etwas von ihrem blauen Blut erfuhr, wird nicht erklärt.
Diese Fragen könnten noch als Nebensächlichkeiten abgetan werden. Doch auch essentielle Punkte werden ohne jemals hinterfragt zu werden in den Raum gestellt. Der Krieg zwischen den Vier Reichen ist gänzlich unverständlich. Weder Clara noch eine der anderen farbenfrohen Figuren scheint die Geschichte des Königreichs zu interessieren. Stattdessen wird die vermeintlich böse Fee Gigoen blind von einem unheimlichen Schwarm von Killermäusen angegriffen. Kann das die richtige Botschaft eines Familienfilms mit einer starken und vor allem – wie im Film andauernd betont wird – überdurchschnittlich intelligenten Heldin sein?
Besondere Bauchschmerzen werden vor allem Kenner und Liebhaber des Balletts bekommen. Denn an die magische und liebenswerte Geschichte erinnert so gut wie gar nichts mehr. Nicht nur werden Charaktere und bedeutende Anhaltspunkte entweder ausgelassen, andersartig verwendet oder unsäglich verstümmelt, sondern auch die legendäre Musik, wie der Tanz der Zuckerfee, wird abgesehen von einer kurzen, tänzerischen Einlage, die wirklich schön anzusehen ist, kaum eingesetzt.
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