Auch das beste Leben geht einmal vorbei. Und das von Lesmana (Ray Sahetapy) war gut, zumindest aus finanzieller Sicht. Privat war die Bilanz eher gemischt: zwei Ehen, viele Kinder, noch mehr Streit. Das Verhältnis zu seiner Tochter Alfie (Chelsea Islan) beispielsweise war schon länger nicht mehr so toll. Doch auch sie eilt an sein Krankenbett, als er an einer unerklärlichen Krankheit leidet und sein Ende naht, zusammen mit ihren Stiefgeschwistern Ruben (Samo Rafael) und Maya (Pevita Pearce), Rubens Freundin Lily (Clara Bernadeth), Lesmanas zweiter Ehefrau Laksmi (Karina Suwandhi) und Alfies Halbschwester Nara (Hadijah Shahab). Eine Erklärung für sein Leiden hat keiner, dafür aber den Willen, aus der Sache Profit zu schlagen. Schließlich sind da doch jede Menge Wertsachen in dem Haus des bald Verstorbenen. Dort geraten nicht nur die Familienangehörigen aneinander. Sie müssen zudem feststellen, dass da im Keller etwas ist, von dem sie lieber nichts wissen wollten.
Irgendwie scheint Netflix Gefallen am indonesischen Genrekino gefunden zu haben. Vielleicht hat der Streamingdienst aber auch nur einen günstigen Deal abgeschlossen, der ihm viele Filme zu günstigem Preis überlässt. Auffallend ist es so oder so, wie viele Werke aus dem südostasiatischen Land derzeit zum Portfolio hinzugefügt werden. Erst waren es die Horrorfilme Das dritte Auge und Kuntilanak, danach folgte die Action-Schlachtplatte The Night Comes for Us. Dessen Regisseur Timo Tjahjanto legt nun mit Der Teufel soll dich holen nach und beschert uns ein weiteres Beispiel fernöstlichen Grauens.
Nicht wissen kann tödlich sein
Sehr viel zurückhaltender als bei seinem kürzlichen Gemetzel ist der Indonesier hier aber auch nicht. Es geht noch vergleichsweise ruhig los, wenn wir Lesmana ein bisschen Gesellschaft leisten, der sich auf Kräfte einlässt, von denen er besser die Finger gelassen hätte. Das verschafft dem Publikum einen gewissen Wissensvorsprung, anders als die ahnungslosen Familienmitglieder, die in ihr Verderben rennen, ahnen wir schon, was sie dort unten erwartet. Dass sie erst bis zum nahenden Tod warten, bis sie etwas genauer in dem Haus nachschauen, muss man nicht verstehen. Plausibilität schaut bei derartigen Filmen höchstens zufällig mal vorbei.
Intelligent ist an Der Teufel soll dich holen ohnehin nichts, nicht die Figuren, nicht die Geschichte. Zu große Ambitionen wird Tjahjanto hierfür sicher keiner vorwerfen. Es gibt den rücksichtslosen Vater, einen blutrünstigen Dämon sowie eine Reihe von Familienmitgliedern, die es mit diesem zu tun bekommen. Ein paar kleinere Wendungen baut der auch fürs Drehbuch zuständige Filmemacher zwar ein. Doch die sind letztendlich ohne echte Konsequenz. Stattdessen gibt es grotesk zurechtgemachte Schauergestalten, die abwechselnd den designierten Opfern hinterherrennen, alternativ aber auch mal von ihnen Besitz ergreifen.
Ich will mehr!
Wirklich spannend ist das nicht, obwohl Der Teufel soll dich holen mit massig Jump Scares zur Sache geht. Genauer ist das sogar eines der Probleme, die der Film mit sich bringt: Er findet einfach nicht das nötige Maß. Das ist bei indonesischen Genrebeiträgen keine Seltenheit, man mag es auf dem Inselstaat gern etwas deftiger und plakativer. Wenn daraus aber eine Non-Stop-Geisterbahn wird, die kein Gespür oder kein Interesse an nötigen Pausen oder Spannungskurven hat, dann wird das schnell ermüdend, irgendwann sogar langweilig. Tjahjanto bemüht sich nicht einmal darum, etwas Abwechslung in das monotone Treiben zu bringen, wiederholt sich so stark, beschränkt sich auf so viele abgestandene Tricks, bis man anfängt dem Dämon die Daumen zu drücken, damit das Ganze mal ein Ende findet.
Gleichzeitig macht dieser Hang zur völlig ernst gemeinten Übertreibung aber auch irgendwie Spaß. Der etwas kuriose Soundtrack von Fajar Yuskemal, der unentwegt aufs Publikum eindrischt, die grotesken Masken und Todesszenen, das kontinuierliche Overacting der Darsteller, die entweder gerade schreien oder mit großen Augen zusehen, wie andere gerade zerfleischt werden – das ist schon auf seine Weise lustig. Auch wenn es das gar nicht sein sollte. Für diesen kontinuierlichen Wahnsinn kann man sich das hier anschauen, muss es aber nicht, die indonesische Horrorwelle auf Netflix verkommt auch hier zu einem wenig mitreißenden Geplätscher.
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