Der Werwolf von Tarker Mills
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Der Werwolf von Tarker Mills

Stephen King Box
„Stephen King Box“ // Deutschland-Start: 13. September 2018 (DVD/Blu-ray)

Der Schrecken geht um in Tarker Mills. Und die Ratlosigkeit: Keiner kann sagen, wer für die bestialischen Morde verantwortlich sind, die sich zuletzt in der verschlafenen Kleinstadt häufen. Klar ist nur, dass derjenige äußerst brutal vorgeht, Köpfe und Gliedmaßen abreißt. Dem muss Einhalt geboten werden, das versteht sich von selbst. Doch weder der Sheriff noch eine eilig zusammengestellte Bürgerwehr kommen dem Geheimnis auf die Spur, wer hinter der Mordserie stecken könnte. Lediglich der an den Rollstuhl gefesselte Marty Coslaw (Corey Haim) hat einen Verdacht, den aber keiner ernstnehmen will. Verständlicherweise. Ein Werwolf, hier in Tarker Mills? Das ist bloß die blühende Fantasie eines Jungen. Für Marty steht daher fest, dass er die Sache selbst in die Hand nehmen muss, wenn er die Stadt retten will.

Wenn Stephen King Geschichten über amerikanische Vorstädte schreibt, dann hat das nichts Gutes zu bedeuten – zumindest nicht für diejenigen, die dort leben. Denn irgendwie scheinen diese Orte bei ihm immer besonders anfällig für grausige Kreaturen zu sein, die eine Vorliebe dafür haben, Unschuldigen das Leben zur Hölle zu machen. Ob des nun der Killerclown Pennywise in Es ist oder die untoten Jugendlichen von Manchmal kommen sie wieder, der Horrormeister fuhr im Laufe seiner Autorenlaufbahn alles auf, was das Genre so zu bieten hat.

Wiedersehen mit einem alten Bekannten
Etwas weniger bekannt ist Der Werwolf von Tarker Mills, der sich wie der Titel bereits verrät bei einer bereits bestehenden Größe des Horrorkabinetts bedient. Das ist dann auch nicht ganz so spannend wie die etwas abstruseren Einfälle, die King im Laufe seiner Zeit so hatte. Sieht man einmal vom besagten Setting ab, ist da erst einmal wenig, was diesen Werwolfstreifen von den anderen unterscheidet, die zuvor so gedreht wurden. Bestialische Morde, die im Lichte des Mondes verübt werden, das fordert nicht allzu viel kreative Eigenleistung.

Ein paar Punkte unterscheiden Der Werwolf von Tarker Mills dann aber doch von den früher einmal zahlreichen wölfischen Kollegen. King, der nicht nur die zugrundeliegende Kurzgeschichte, sondern auch das Drehbuch verfasste, mischte hier klassischen Horror mit Elementen einer Detektivgeschichte. Der Film handelt schließlich nicht allein von den Morden und dem Kampf mit dem Monster. Über weite Strecken konzentriert er sich auf Marty, der als einziger den richtigen Riecher hat und unbeirrt von den Zweifeln der anderen eine Spur verfolgt. Solche Filme erfreuen sich bis heute einer größeren Beliebtheit, der kürzlich erschienene Summer of 84 ist da ganz ähnlich – nur eben oben die übernatürliche Note.

Ein echter Feuerstuhl
Teilweise tritt der Horror in Der Werwolf von Tarker Mills deshalb auch stärker in den Hintergrund, wie es bei King immer mal wieder vorkommt. Wenn der Film von der Beziehung von Marty zu seinem alkoholkranken Onkel Red (Gary Busey) erzählt, dann bewegt sich das ein gutes Stück weg von dem Schrecken der Straße. Ein bisschen ernster wird das dann. Manchmal aber auch komisch, wenn der anfangs so schmucklos-lästige Rollstuhl gegen eine deutlich aufgemotztere Variante eingetauscht wird. Ob das nun beabsichtigte oder unfreiwillige Komik ist, daran scheiden sich noch immer die Geister – wie an anderen Stellen des Films auch.

Ein bisschen trashig ist der Film für heutige Augen ja schon, trotz eines damals beachtlichen Budgets – es sollen immerhin sieben Millionen Dollar gewesen sein – machen die Effekte mehr als 30 Jahre später nicht viel her. Das Werwolfkostüm selbst regt eher zum Schmunzeln denn zum Fürchten an. Heutige Zuschauer, die nicht gerade große King-Fans sind oder in den 80ern aufgewachsen sind, dürften deshalb mit Der Werwolf von Tarker Mills eher weniger etwas anfangen können. Wer hingegen zur Nostalgie neigt, der kann bei dieser Mischung aus Alltag und Absurdem schon seinen Spaß haben und zumindest eine Weile miträtseln, wer hinter dem zähnefletschenden Ungetüm steckt.



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In „Der Werwolf von Tarker Mills“ konfrontierte Stephen King sein bevorzugtes Opfer der amerikanischen Kleinstadt mit der ungewohnt traditionellen Schauergestalt des Werwolfs. Die Umsetzung ist für heutige Augen trashig bis (unfreiwillig) komisch. Gleichzeitig ist die Mischung aus Horror und Detektivgeschichte auf ihre Weise charmant, gerade auch für ein nostalgisch veranlagtes Publikum.
5
von 10