Im Leben von Bertrand (Mathieu Amalric) läuft es schon seit einer ganzen Weile nicht mehr rund. Einen Job findet er nicht. Er findet aber auch nicht den Antrieb, wirklich etwas zu tun, trotz der zahlreichen Medikamente, die er gegen seine Depressionen nimmt. Da stolpert er zufällig über eine Truppe männlicher Synchronschwimmer, die von Delphine (Virginie Efira) geleitet wird. Probleme kennen sie dort mehr als genug, irgendwie hat jeder mit Schwierigkeiten zu kämpfen, ob nun privat oder beruflich. Wirklich gut sind sie im Wasser zwar auch nicht, aber es gibt ihnen doch die Möglichkeit, sich vom Alltag abzulenken. Aber vielleicht ist da doch noch ein bisschen mehr drin, schließlich stehen demnächst die Weltmeisterschaften im Synchronschwimmen statt. Und trotz aller Skepsis sind die Männer bald Feuer und Flamme für ihr gemeinsames Projekt.
Das Problem einer originellen Idee: Richtig viel Wirkung entfaltet sie nur beim ersten Mal. Wer sie später noch einmal aufgreift, riskiert automatisch, nur als Trittbrettfahrer wahrgenommen zu werden. Als die Schweden erst mit dem Spielfilm Männer im Wasser (2008) und danach mit der Dokumentation Men Who Swim (2010) von einer Gruppe Männer mittleren Alters erzählte, die an Synchronschwimm-Wettbewerben teilnimmt, war das neu. Man mag es nun Zufall nennen, vielleicht auch einfach Pech. Aber dass in kurzer Zeit sowohl die Briten (Swimming with Men) wie auch die Franzosen (Ein Becken voller Männer) das Thema aufgreifen, das droht gerade Letzteren zum Verhängnis zu werden.
Das ganze Leben ist ein Mist
Dabei gehen die beiden Neuinterpretationen der Geschichte durchaus verschiedene Wege. Während man auf der Insel auf einen wie zu erwarten skurrilen Humor zurückgreift, sind die Franzosen erstaunlich düster unterwegs. Wer meint, mit Arbeitslosigkeit und Depression wäre es schon getan – weit gefehlt. Laurent (Guillaume Canet) bekommt seine Aggressionen nicht in den Griff, Marcus (Benôit Poelvoorde) droht nun schon die vierte Pleite als Unternehmer, Simon (Jean-Huhues Anglade) hängt seinen Rockstarträumen nach und wohnt nach wie vor in einem Wohnmobil, Thierry (Philippe Katerine) ist zwischenmenschlich völlig überfordert. Vor allem bei Frauen. Und sogar Delphine wie auch Amanda (Leila Bekhti) haben schwere Lasten auf ihren Schultern.
Das ist natürlich ganz schön harter Stoff, den Regisseur und Co-Autor Gilles Lellouche (Das Leben ist ein Fest) dem Publikum da zumutet. Wie bei dieser Art Film üblich gibt es zwar auch in „Ein Becken voller Männer“ einiges zu lachen. Selten aber waren die Kontraste so heftig wie hier. Wo im einen Moment noch die Tiefpunkte eines menschlichen Schicksals hervorgekehrt werden, da gibt es im nächsten schrillen und lauten Humor. Vor allem Poelvoorde (Das brandneue Testament) tritt hier oft als ein lächerlicher Clown auf, der höchstens zufällig mal wie ein Mensch aus Fleisch und Blut wirkt. Sehr harmonisch ist das Zusammenspiel da nicht.
Von Null auf Hundert
Auch an anderen Stellen hätte man sich die Tragikomödie, die auf den Filmfestspielen von Cannes 2018 die Weltpremiere feierte, etwas mehr Finesse gewünscht. Beispielsweise kommt ausgerechnet der Aspekt des Synchronschwimmens hier seltsam kurz. Man sieht die eigentlich schrecklich unbegabten Herren zu Beginn, wie eigentlich so gar nichts klappt. Der Film endet, wenn sie an der Weltmeisterschaft teilnehmen und eine beachtliche Grazie und Ausdruckskraft entwickelt haben. Doch der Teil dazwischen, den zeigt Lellouche so gut wie gar nicht. Man hat hier nie das Gefühl, Teil einer Entwicklung zu sein.
Und doch: Ein Becken voller Männer ist sympathisch. So wie Filme über Verlierer, die am Ende zu Gewinnern werden, immer sympathisch sind. Dass die Geschichte um eine Gruppe von verlachten Pseudo-Männern in Frankreich zu einem der größten Hits des Jahres wurde, ist nicht schwer nachzuvollziehen. Denn die Figuren mögen lächerlich sein, traurig, manchmal auch nervig: Es ist nahezu unmöglich, ihnen nicht die Daumen zu drücken. Wenn nach all dem Mist, all den Problemen und Demütigungen das Happy End wartet, dann ist das klassisches Wohlfühlkino. Realistisch? Nein. Dafür aber schön. Denn der Film lässt einen daran glauben, dass jeder in dieser Welt sein Glück finden kann – und das sogar ohne die Anerkennung von ihr und im Widerspruch zu gesellschaftlichen Normen.
(Anzeige)