Ein großer Menschenfreund ist Ebenezer Scrooge nicht gerade. Die meisten verabscheut er sogar für ihre Sentimentalität, für ihren mangelnden Arbeitswillen, für ihre falschen Prioritäten. Scrooge weiß hingegen, worauf es ankommt: Geld. Davon hat er jede Menge, und es soll noch deutlich mehr werden. Da erscheint ihm an Weihnachten der Geist seines verstorbenen Partners Jacob Marley, der ihn anhält, seinen Lebensstil zu ändern. Und Jacob ist nicht die einzige seltsame Begegnung, die der grimmige Geizkragen in dieser Nacht haben wird. Drei Geister sind es, die ihm einen Besuch abstatten, ihn daran erinnern, wer er einmal war, und ihm auch vor Augen führen, was die Zukunft für ihn bereithält …
Es gibt Kombinationen, die sind eigentlich so naheliegend, dass man sich fragt, warum nicht schon vorher jemand darauf gekommen ist. Eine solche Kombination: die Augsburger Puppenkiste und der Weihnachtsevergreen von Charles Dickens. 70 Jahre sind die Marionetten inzwischen alt, haben in der Zeit unzählige Klassiker adaptiert, etwa Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer oder Eine Woche voller Samstage. Warum nicht also auch die Geschichte verfilmen, die wie keine andere für Weihnachten steht, und das schon seit über 170 Jahren?
Denkanstoß fürs Publikum
Ein bisschen wurde diese hier schon abgeändert und für das junge Zielpublikum aufbereitet. Insgesamt hält sich Geister der Weihnacht aber eng an die Vorlage. Das bedeutet, dass auch die Puppen-Version von dem Gedanken beseelt ist, anderen etwas Gutes zu tun. Dass es etwas Wichtigeres gibt im Leben als bloßen Reichtum – was auch im Jahr 2018 immer wieder eine Erwähnung wert ist. Vor allem aber erinnert der Film daran, dass es nie zu spät ist, sich zu ändern. Wenn wir hier Scrooge durch die Nacht folgen und sein Leben Revue passieren lassen, dann ist das gleichzeitig eine Aufforderung, das eigene Leben etwas zu überdenken und mehr auf andere zu achten.
Diese Entwicklung geht in Geister der Weihnacht ein bisschen sehr schnell. Da dem Film nur eine Stunde zur Verfügung stehen, muss der Sinneswandel quasi auf Knopfdruck erfolgen. Glaubwürdig ist das natürlich weniger, ein alter, mit den Jahren verbitterter Mann, der nie ein Problem mit dem Leid anderer hatte, da bräuchte es in der Realität schon ein wenig mehr, damit ein Gedankenprozess in Gang kommt. Aber der Film will ja kein echtes Charakterporträt sein. Es ist vielmehr ein Märchen, das einen wieder an das Gute im Menschen glauben lassen will und dafür die Mittel der Fantasie nutzt.
Mehr Dynamik und Details
Glücklicherweise ist auch die Umsetzung fantasievoll geworden. Waren die letzten beiden Weihnachtsfilme der Augsburger Puppenkiste – Die Weihnachtsgeschichte und Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel – noch sehr statische Angelegenheiten ohne viel Detailarbeit, orientiert man sich dieses Mal wieder an den aufwendigeren Fernsehproduktionen von früher. Hier gibt es echte Kamerafahrten, was Geister der Weihnacht deutlich dynamischer macht als die jährlichen Vorgänger. Und auch bei der Ausstattung wurde wieder mehr investiert, was sich bei der Einrichtung der Häuser und einigen schönen Effekten zum Schluss zeigt.
Ganz wollen die Augsburger zwar nicht auf den Theaterlook verzichten, schließlich soll der Film später auch auf der Bühne vorgeführt werden, wo die Puppen einst ihren Anfang nahmen. Aber es ist ihnen doch ein ansehnlicher Kompromiss aus beidem geglückt. Wirklich zeitgemäß ist das Erscheinungsbild natürlich trotz der Verbesserungen nicht, die regungslosen Gesichter und die sichtbaren Fäden sind doch ein deutlicher Kontrast zu den heutigen Sehgewohnheiten. Aber das altmodische Ambiente passt gut zu der Geschichte, die für eine Rückbesinnung auf frühere Werte einsteht, dabei das Fantastische mit dem Alltäglichen verbindet.
(Anzeige)