Im Jahr 1921 ist ganz Spanien zerrissen. Während die Gewerkschaften zum Streik aufrufen und sich einen erbitterten Kampf mit der Industrie liefern, hat die Polizei mehr als genug mit Anarchisten zu tun. Und mit sich selbst, denn nirgends ist die Korruption ausgeprägter als bei den Gesetzeshütern. Der baskische Polizist Aníbal Uriarte (Luis Tosar) trifft daher auf jede Menge Widerstand, als er in Barcelona nach dem Rechten sehen soll. Die Kooperation mit den neuen Kollegen ist schwierig. Dabei drängt die Zeit, denn eine Wagenladung von Waffen ist gestohlen worden, was in der aktuellen aufgeheizten Stimmung fatal ist: Fallen sie in die falschen Hände, droht ein Bürgerkrieg.
Erste Blicke können bekanntlich täuschen. Das gilt nicht nur für die Polizisten in Gun City, die höchstens zufällig mal ihrer Aufgabe nachgehen, dem Gesetz zur Gerechtigkeit zu verhelfen. Es gilt auch für den Titel selbst, der jede Menge feuriger Waffeneinsätze erwarten lässt. Da trifft es der spanische Originaltitel schon besser: La sombra de la ley, zu Deutsch Der Schatten des Gesetzes. Denn hier spielt sich viel in den Schatten der Metropole ab, in Hinterzimmern und abgelegenen Gemäuern. Offene Kämpfe mit viel Bleiverbrauch? Das steht weniger an.
Wenig Action in den Schatten
Wer auf der Suche nach einem actionlastigen Thriller ist, der ist – gegenteiliger Versprechen zum Trotz – hier an einer wenig befriedigenden Adresse. Düster ist Gun City aber auch so. Regisseur Dani de la Torre gelingt es gut, ein Land aufzuzeigen, das kurz davor steht, gewaltsam auseinanderzubrechen. Hoffnungsschimmer verwehrt er uns. Persönliche Beziehungen werden hier von Blut und Machtspielen überschattet, fiesen Intrigen, bei denen kein Opfer zu groß ist – so lange es nur andere betrifft. Jeder kämpft für sich, selbst die Bemühungen der Gewerkschaft, mehr für die Mitglieder herauszuholen, geht mit fragwürdigen Tendenzen einher.
Für strahlende Helden ist in einem solchen Umfeld natürlich kein Platz. Selbst Uriarte, der als Gegenpol aufgebaut wird, ist immer ein wenig zwielichtig. Bleibt so verschlossen und geheimnisumwittert, dass niemand wirklich sagen kann, wer er ist und was er genau will – versiert dargestellt vom spanischen Star Luis Tosar (Sleep Tight, Shrew’s Nest). Das passt dann auch gut zu der Geschichte, die sich gerne in mehrere Handlungsstränge und Themen verstrickt, die alle ineinander übergreifen: der Konflikt zwischen Spaniern und Basken, zwischen reichen Fabrikbesitzern und einfachen Arbeitern, zwischen Polizei und mächtigen Verbrechern.
Die Figuren als Ratespiel
Was als Zeit- und Gesellschaftsporträt sehr spannend ist, langweilt dafür in anderer Hinsicht. Vor allem bei den Figuren wurde nur sehr wenig Arbeit investiert. Korrupte, brutale Bullen ohne jegliche Farbschattierungen laufen da rum, Gestalten, die so wenig Kontur erhalten, dass man sie zwei Stunden später immer noch kaum auseinanderhalten kann. Gun City setzt hier dann doch eindeutig mehr auf Masse, interessiert sich mehr für die grobe Geschichte als die Menschen, die in sie verwickelt werden, verpasst es dadurch, aus dem Film mehr zu machen als eine Geschichtsstunde.
Auf Dauer ist das etwas ermüdend, ebenso die doch sehr aufdringliche Musik, die einen keine Sekunde lang mal in Ruhe lassen will und wenig subtil das Gefühl von Bedrohlichkeit in die Köpfe des Publikums zu prügeln versucht. Besser ist da schon die visuelle Ausgestaltung. Offensichtlich spendierte man der französisch-spanischen Coproduktion ein beachtliches Budget, das vor allem ins Drumherum gesteckt wurde. Atmosphärisch ist es, wie hier alle in Trenchcoats durch die Gegend laufen, das Straßenbild von Oldtimern geprägt ist, auch die Inneneinrichtung zu einer Zeitreise einlädt. Es gibt also schon einige Gründe, einmal in der Gun City vorbeizuschauen, gerade für die Freunde historisch gekleideter Genrefilme, auch wenn die ganz große Spannung sich hier nicht einstellen will.
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