LOVE, CECIL
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Love, Cecil

Love Cecil DVD
„Love, Cecil“ // Deutschland-Start: 12. Juli 2018 (Kino) // 22. November 2018 (DVD/Blu-ray)

Wie Cecil Beaton wohl zu Instagram und Konsorten gestanden hätte, wird an einer Stelle in Love, Cecil gefragt. Und tatsächlich wäre es spannend gewesen, den 1980 verstorbenen Fotografen zu seinen Ansichten zu den sozialen Medien zu befragen. Gemeinsamkeit gab es natürlich genug. Der Hang zur Selbstinszenierung, der heute das virtuelle Alter Ego bestimmt, der war ihm schon einige Jahrzehnte zuvor nicht fremd, weder beruflich noch privat. Aber während die heutige digitale Egomanie das Besondere als Alltag verkleidet, wenn ewig lang an Schnappschüssen gearbeitet wird, die keine sind, da war es bei dem Engländer anders herum. Er suchte das Besondere im Alltag, dekorierte, stellte um, bis auch aus der kleinsten Banalität Kunst wurde, die als solche auch durchaus zu erkennen sein sollte.

Das war dann auch einer der Vorwürfe, der ihm immer mal wieder gemacht wurde. Dass er eigentlich kein Fotograf war, sondern von Haus aus Dekorateur. Einer, der Schaufenster zusammenstellt. Nur eben mit dem Ziel, damit ein unvergängliches Foto zu schaffen anstatt eines vorübergehenden Lockstoffs für Passanten. Lisa Immordino Vreeland, die nach der Mode-Journalistin Diana Vreeland und der Galeristin Peggy Guggenheim nun schon ihr drittes Doku-Porträt schafft, interessiert sich für diesen Vorwurf aber kaum. Sie interessiert sich auch auffallend wenig für die Arbeit Beatons als solche.

Ein langes Leben im Zeitraffer
Natürlich, Infos zu dem beruflichen Werdegang des Fotografen, die gibt es in Love, Cecil. Chronologisch angeordnet folgen wir ihm, während er seine berühmten Aufnahmen großer Stars macht, erfahren auch von seiner oscargekrönten Arbeit als Hollywood-Kostümdesigner bei My Fair Lady. Wer zuvor nichts über den Künstler wusste, der findet auf diese Weise immerhin einen kompakten Einstieg: In anderthalb Stunden wird das komplette Leben abgearbeitet, mithilfe von Rückblicken, historischen Aufnahmen und Interviews mit ehemaligen Weggefährten. Das hat nicht wirklich viel Tiefgang, erfüllt aber doch seinen Zweck.

Zumal Vreeland ganz offensichtlich ohnehin mehr über den Menschen reden wollte, weniger über den Fotografen und Designer. Das ist durchaus verständlich, denn aus den Filmschnipseln und Aussagen der anderen setzt sich ein Bild zusammen, das gerade auch aufgrund seiner Widersprüchlichkeit fasziniert. Ein bescheidener Mensch soll er gewesen sein und doch auch eitel. Einer, der andere lieben und verachten konnte, ohne dafür einen Grund haben zu müssen, ohne sich auch um Diplomatie zu scheren. Engländer schafften es meistens, auf eine nette Weise unhöflich zu sein, heißt es an einer Stelle. Cecil hingegen wäre nur unhöflich gewesen – was in einem ziemlichen Kontrast zu seinem vornehmen Auftreten steht.

Eine Reise in die Vergangenheit
Vornehm sind aber auch die Bilder, die Vreeland uns zeigt. Geradezu schwelgerisch folgt sie den Aufnahmen der Stars, Artefakte einer lange zurückliegenden Ära. Modern ist an Love, Cecil ohnehin nur wenig. Die Dokumentation ist eine Liebeserklärung an einen kunstvoll inszenierten Glamour, an einen Mann, der sich genau darauf auch verstand. Aber auch an einen Mann, der selbst nie die Liebe gefunden hat, zumindest keine, die erwidert würde. Seine Homosexualität wird immer wieder mal im Laufe des Films thematisiert, bleibt aber eine Anekdote – auch weil Beaton selbst damals sehr diskret war. Ein Grund dafür war sicherlich, dass Homosexualität zu seiner Zeit noch eine Straftat war. Aber es passte auch sonst gut zu einem Mann, der sich immer mehr für die äußere Erscheinung erwärmen konnte, weniger für das, was hinter der Fassade wirklich geschah.



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„Love, Cecil“ folgt den Spuren des britischen Fotografen Cecil Beaton von seinen Anfangstagen bis zu seinem eigenen Ende. Dabei interessiert sich der Dokumentarfilm weniger für dessen Arbeit, setzt sich nur wenig mit ihr auseinander. Stattdessen gibt es hier ein faszinierend widersprüchliches Porträt eines Mannes, der die Schönheit in allem suchte.