Nur ein Tag in Berlin
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Nur ein Tag in Berlin

Nur ein Tag in Berlin
„Nur ein Tag in Berlin“ // Deutschland-Start: 1. November 2018 (Kino)

Früher waren Mia (Bea Brocks) und Linda (Sophie Reichert) einmal richtig gut befreundet. Doch so wahnsinnig viel ist davon nicht mehr übrig, zu selten sehen sich die beiden noch. Aber das lässt sich bestimmt nachholen. Und so treffen sich die zwei nach langer Zeit mal wieder in Berlin, wo sie früher wohnten und um die Häuser gezogen sind. Das haben sie auch heute vor. Das Ergebnis ist jedoch gemischt, denn beide sind in Gedanken woanders. Während Mia an ihrem Plan arbeitet, ihre reiche Affäre zu erpressen, um so aus der Schuldenfalle zu entkommen, zweifelt Linda zunehmend daran, ob ihre Verlobung mit Thomas so eine gute Idee ist.

So richtig erfolgreich waren die Versuche der deutschen Improszene ja nie, im Kino Fuß zu fassen – zumindest aus kommerzieller Sicht. Vielleicht haben auch deshalb viele Vorreiter dieser etwas anderen Filmmachart den Rücken zugekehrt, versuchen sich wie Nico Sommer stärker am konventionellen Kino (Lucky Loser – Ein Sommer in der Bredouille) oder ziehen sich wie Axel Ranisch ins Fernsehen zurück (Familie Lotzmann auf den Barrikaden). Manchmal gibt es sie aber noch, die unbeirrten Selbstversuche, die sich dem Diktat des Publikums nicht beugen wollen. So was von da ist ein solches Beispiel, die leider nur wenig beachtete Romanadaption von Jakob Lass über die letzten Stunden eines Hamburger Musikclubs.

Ist das ein Film oder kann das weg?
Vermutlich noch weniger Beachtung wird Nur ein Tag in Berlin erlangen können, das einige Monate nach dem Debüt bei Achtung Berlin nun auch regulär in die Kinos kommt. Ob es dorthin gehört, darüber lässt sich wieder einmal trefflich streiten. Die Optik zumindest spricht dagegen: Wenn wir den beiden Freundinnen durch die Stadt folgen, dann sieht das eher nach privater Handyaufnahme aus als nach einem „richtigen“ Film. Die Bilder sind grob, oft zu dunkel, das Format quadratisch mit fetten schwarzen Streifen am Rand.

Dort spielt sich übrigens auch einer der spannenderen Aspekte des Films ab: Immer wieder tauchen dort Kurznachrichten auf, die sowohl Antwort auf die Szene wie auch Anweisung ist. Während Regisseur Malte Wirtz (Hard & Ugly – eine Liebesgeschichte) und die beiden Darstellerinnen mit einem groben Skript arbeiteten, das als Richtung diente, lag es an den Schauspielerinnen, daraus eine tatsächliche Geschichte zu machen. Wirtz hielt sich dabei meist zurück, brachte sich jedoch zuweilen mit eben diesen Nachrichten ein – die dadurch Regieanweisung und Inhalt der Geschichte gleichzeitig wurden.

Zwischen alltäglich und absurd
Das ist als Experiment interessant, nicht zuletzt wegen der dadurch ungewöhnlichen Optik. Inhaltlich hat Nur ein Tag in Berlin aber mit einem Problem zu kämpfen, das in der Natur solcher Improfilme liegt. Die Vorgehensweise kann zu mehr Authentizität führen, wenn wir direkter an den Darstellern dran sind, direkter auch an der Sprache, die wir täglich verwenden. Denn wer keine Dialoge aufsagt, sagt das, was ihm in den Kopf kommt. Oder lacht auch mal nur etwas verlegen, weil eben nichts in den Kopf kommt. Die Grenze zwischen Authentizität und Banalität ist jedoch manchmal nicht leicht zu erkennen, der Film wechselt immer mal wieder vom einen zum anderen, kann im einen Moment erfrischend, im nächsten öde sein. Da war kürzlich die nächtliche Freundinnen-Odyssee Wach deutlich aufregender.

Das größere Manko sind aber gar nicht die Szenen, die anderen zu langweilig wären, um daraus einen Film zu machen. Es sind jene, in denen Nur ein Tag in Berlin mehr sein will. Der gesamte Handlungsstrang um eine mögliche Erpressung führt irgendwie zu nichts, ist nur manchmal unterhaltsam, wenn die beiden fachsimpeln, was man bei so einer Erpressung eigentlich tun muss. Schlimmer noch sind die leichten Seifenoper-Anleihen, wenn es um unterdrückte Gefühle und tiefe Geheimnisse geht, welche die beiden voreinander haben. Die Stärken eines Improfilms werden hierdurch unnötig sabotiert, das ansonsten eigentlich sympathische Projekt schadet sich spürbar.



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„Nur ein Tag in Berlin“ erzählt mit ungewöhnlicher Optik und viel Improvisation von zwei Freundinnen, die sich nach langer Zeit wiedersehen und gemeinsam durch die Stadt streifen. Das ist teilweise schön authentisch, schadet sich durch die diversen Versuche, mehr aus der Geschichte zu machen, jedoch unnötig selbst.
5
von 10