Wer hat nicht irgendwann einmal auf die Leinwand vor sich gestarrt, alternativ auch den Bildschirm, eine großartige Geschichte angesehen und dabei gedacht: Das würde ich auch gern mal machen! Aber nur vergleichsweise wenige folgen dem Traum, es einmal mit der Schauspielerei zu versuchen. Und noch sehr viel weniger sind dabei erfolgreich. Zwar werden weltweit Tausende Filme pro Jahr produziert, was mit einem beträchtlichen Bedarf an Darstellern einhergeht. Das Angebot übersteigt dann aber doch noch die Nachfrage. Da braucht es neben Talent und Glück vor allem Durchhaltevermögen. Nur wer keine Angst vorm Scheitern und vor Demütigungen hat, kann es hier zu etwas bringen.
Eben diese Angst will einem Bernard Hiller nehmen, sie geradezu austreiben. Der gebürtige Argentinier zog einst selbst nach New York, den Traum von der großen Schauspielkarriere im Herzen. Daraus wurde zwar nichts, in seinem Resümee finden sich lediglich Neben- bis Statistenrollen in unbedeutenden Filmen. Dafür macht er aber Karriere als Coach, der nun andere in die Kunst des Schauspielens einweist. Alternativ auch Firmenbosse, die durch ihn lernen sollen, gefestigte Persönlichkeiten zu werden.
Der unbekannte Lehrer
Hillers eigene Persönlichkeit bleibt in Pink Elephants jedoch überraschend vage. Man erfährt nur wenig über den Menschen hinter dem Coach, darüber, was ihn antreibt oder wer er genau ist. Stattdessen konzentriert sich die deutsche Regisseurin Susanne Bohlmann in ihrem Dokumentarfilm auf die Masterclasses, die Hiller rund einmal im Monat veranstaltet. Dort kommen von überall Menschen her, die ihren Wunsch nach einer Schauspielkarriere wahrmachen wollen und dafür bereit sind, einiges in Kauf zu nehmen.
Das müssen sie auch bei Hiller. Ein behutsamer Aufbau der meist noch jungen Menschen? Eine Bestärkung der oft fragilen Egos? Das sollen ruhig andere machen, der Coach mag es lieber etwas direkter und auch heftiger. Beschimpfungen sind keine Seltenheit, ein ums andere Mal greift er die nur aus Scheiße bestehenden Gehirne seiner Schützlinge an. Denn die braucht kein Schauspieler. Wer als Schauspieler denkt, der zweifelt auch. Geht lieber raus, macht was, so lautet seine Devise. Wer schon im Vorfeld in Betracht zieht, scheitern zu können, der tut es dann auch.
Zerstörerisch und verstörend
Das hört sich plausibel an, ist im Ergebnis jedoch ausgesprochen verstörend. Hiller lässt die Träumer schreien, auf dem Boden herumkriechen, sich selbst entblößen – im wortwörtlichen wie auch übertragenen Sinn. Selbsterkenntnis durch Demütigung, so scheint der Plan. Einige der Teilnehmer und Teilnehmerinnen werden das auch tatsächlich verinnerlichen, werden unter Tränen in die Kamera erklären, endlich zu sich gefunden zu haben, sich haben öffnen zu können. Die Kurse, so weit sie in Pink Elephants gezeigt werden, befassen sich dann auch weniger mit der Schauspielerei als solcher. Es gibt hier keine Proben, keine aufgeführten Stücke. Dafür jede Menge Selbstgeißelung, welche die Leute an ihre persönlichen Grenzen führen soll.
Wer nichts über den Film weiß oder anfangs die Einführung verpasst, der käme hier auch kaum auf die Idee, dass es sich überhaupt um einen Schauspielkurs halten könnte. Vielmehr wirkt das wie eine Sekte, wie Hiller die Menschen um sich herum bricht, dabei keinerlei Kritik an sich und seiner Arbeit gestattet. Ob das zum Erfolg führt, sei mal dahingestellt. Zwar werden vereinzelt bekannte Gesichter eingeblendet, die zuvor bei seinen Kursen teilnahmen. Aber die meisten Teilnehmer, selbst die, welche bis zum Schluss durchhielten, verschwinden anschließend wieder in der Versenkung. So fragwürdig die Methoden sein mögen, so spannend ist der Film aber als solches, da er einen anderen Blick auf den Traumberuf wirft, ihn sehr viel weniger erstrebenswert und glanzvoll erscheinen lässt. Wie viel bin ich bereit mir anzutun? Wie viel von mir gebe ich preis, gebe ich auf, um am Ende vor die Kamera treten zu dürfen? Und ist es das wirklich wert?
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